Stormrider - Teil 86

Rodney kicherte deutlich hörbar hinter vorgehaltener Hand, Nirvana schmunzelte amüsiert, Malia grinste, Sara machte große Augen und Jaina starrte ihn völlig entgeistert an.
Wie unglaublich … Peinlich!
»Ähm … Rath?«, ich runzelte die Stirn und versuchte, mich vergeblich aus seinem Klammergriff zu befreien. Er schnurrte nur noch lauter und kuschelte sich an mich.
»Rath? Hallo?« Ich schnippte mit den Fingern vor seiner Nase herum und dann wedelte ich mit meiner anderen Hand vor seinem Gesicht hin und her. »Was tust du hier?«
Es war, als würde er nur langsam aus seinem Tagtraum aufwachen.
»Ich … ich roch etwas und folgte der Spur.« Er sah sich verwirrt um, so als würde er erst jetzt realisieren, wo er sich befand. »Ich roch wohl dich. Ähem … Ich entschuldige mich für die Störung.« Er sah peinlich berührt Jaina an, die sich jetzt ihrerseits ein Kichern nicht verkneifen konnte.
»Ich gehe wohl besser.« Er sah zu Boden, lief schnell zur Tür hinaus und schloss sie hinter sich.
»Was ist denn mit deinem Schatz los? Er wirkte etwas verpeilt.«, grinste Rodney.
Ich errötete. »Ich … ich«, stotterte ich, »Ich habe keine Ahnung.«, und dann lachte ich selbst lauthals über die absurde Szenerie.

Nach einer ganzen Weile mit Fehlschlägen und Missgeschicken funktionierte meine Magie jetzt zum Glück wieder einwandfrei. Ich zauberte eine Schale voller Salat mit Hühnchen und Muffins für uns beide herbei und rief ihn dann zum Essen.
»Was war denn heute Mittag mit dir los?«, schmunzelte ich.
»Ich weiß es nicht. Ich hatte ein wenig geschlafen und daraufhin bin ich ohne groß nachzudenken losgegangen und dem wunderbaren Geruch gefolgt.«
»Du hast für viele Lacher gesorgt.«, lächelte ich liebevoll.
»Ich dachte mir schon sowas.«, stöhnte er, hielt sich eine Hand vor die Augen und schüttelte den Kopf.
Ich kicherte. »Ich habe sie informiert, dass man uns … im Moment nicht ganz so … ernst nehmen darf.«
»Wie unendlich peinlich.«, stöhnte er erneut, während er sich Salat auftat. »Bitte sei so lieb und entschuldige dich bei Lady Proudmoore noch mal für mich.«
»Ich glaube nicht, dass das notwendig sein wird.« Der Salat war mir gelungen und ich aß hungrig. »Bislang war Vaelithar hier niemandem ein Begriff. Und keiner hatte eine Ahnung, wie sich der Zustand bei Magiearbeitern auswirken würde. Jetzt sind wir da und sie bekommen so langsam eine Vorstellung davon, was es ausmacht, Drachen an Bord zu haben.« Ich kaute schmunzelnd weiter.
»Verliebte Drachen.«, verkündete er strahlend.
»Ja genau.«, grinste ich. »Verliebte Drachen veranstalten merkwürdige Sachen.«
»Was riecht hier so gut … oh Mann!«, lachte er. »Was hat mich da nur geritten?«
Ich schmollte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie jetzt? Rieche ich etwa nicht gut?«
»Doch natürlich. Sehr sogar.« Er lächelte, nahm mein Gesicht in seine Hände und gab mir einen schnellen Kuss.
»Da hast du gerade noch die Kurve gekriegt.«, grinste ich und schob die nächste Gabel voll Salat in meinen Mund.

Am Nachmittag war ich ungemein müde vom Tag, trotzdem liefen wir runter in den Übungsraum, denn ich hatte wieder einiges zu tun. Alle Portale und Teleportationen gelangen mir wieder ohne Probleme und ich konnte dieses Mal sogar mühelos ein Schaf aus Wrathion zaubern, dem dabei nicht geheuer war.
»Ich habe heute Morgen etwas äußerst Interessantes in der Bibliothek entdeckt.«, sagte er, nachdem er kein Schaf mehr war, und streckte mir ein offenes Buch hin.
Ich las. Ein Zauber, um die Konzentration zu verbessern, klang nicht gerade nach einer übermäßig komplizierten Angelegenheit. Aber nützlich wäre es allemal.
»Wollen wir den ausprobieren?«
»Warum nicht.«, zuckte ich mit den Schultern, »Verbesserte Konzentration schadet nie, oder?«
»Lass es uns zusammen machen.«, sagte er.
Ich brachte mich in Position neben ihm, wir standen beide mit dem Gesicht zur Tür und sprachen den Zauber gleichzeitig aus. »Claritas!«
In diesem Moment ging die Tür vom Übungsraum auf und George kam hereingetappt wie ein übergroßer Hundewelpe. »Upps.«, machte er. »Es tut mir leid, ich wollte … euch nicht stören.«
»Kein Problem.«, sagten wir beide zeitgleich.
»Okay, tschüss dann.«, murmelte George und schlurfte wieder zur Tür hinaus.
»Ein lustiger Kerl.«, meinte Rath. Dann drehte er sich zu mir. »Hat es bei dir irgendwas bewirkt?«
»Hmmmm.«, sagte ich und runzelte die Stirn. »Ich fühle mich nicht anders. Nimm das Buch mal mit hoch, dann können wir das später noch mal überprüfen.«
»Okay machen wir Schluss für heute.«, beschloss er. Und wir kehrten nach Hause zurück.

Professor Whitmoore hatte in der letzten Unterrichtsstunde für heute etwas Besonderes anzukündigen. »Ich möchte euch eine neue Mitschülerin vorstellen. Dies ist Nila Nightingale, sie kommt von der Akademie von Algeth´ar herüber zu uns und wurde eurer Gruppe zugeteilt. Bei Ihr wurde eine spezielle Begabung für arkane Magie entdeckt, die hier an der Schule eher gefördert wird.«
Es war ungewöhnlich, dass jemand im zweiten Jahr die Universität wechselte und dann auch noch mitten im Jahr. Es musste spezifische Gründe dafür geben, dass Khadgar sie jetzt noch aufgenommen hatte.
Nila war von schlanker Statur, hatte lila schimmernde Haut, violette lange Haare, die typischen spitzen Elfenohren und ein freundliches Lächeln, das sie mir sofort sympathisch machte.
»Hallo ihr alle.«, sagte sie und setzte sich zu uns an den Rand des Raumes.
»Bei wem hat man dich einquartiert?«, ich beugte mich ein wenig vor, um sie an Rodney vorbei ansehen zu können.
»Bei jemandem aus dem dritten Jahr. Ich hab sie vorhin nur kurz mal gesehen. Sie heißt Alice.«
Ich lächelte. »Da bist du gut aufgehoben. Das war vorher mein Zimmer. Alice ist einfach super.«
»Ja, den Eindruck hatte ich ebenfalls.«, gab sie zurück. »Sie hatte vorhin leider keine Zeit, aber ich werde sie nachher mal ausquetschen, was ich alles wissen muss.«
»Ich kann dir auch gerne alles zeigen.«, sagte ich.

Fortsetzung folgt …