
Stormrider - Teil 19
Es war mittlerweile November geworden. Nicht, dass es mir überhaupt aufgefallen wäre, denn die Wochen kamen und gingen, während ich so sehr mit dem Lernen beschäftigt war, dass ich wahrscheinlich inzwischen sogar bei meinen Lehrern als Streber verschrien sein musste. Allein aus dem Grund, weil ich sie nach fast jedem Unterricht noch minutenlang mit meinen unausweichlichen Fragen löcherte, hob ich mich schon von den meisten meiner Mitstudenten ab.
An diesem unterrichtsfreien Freitag hatte ich fast den ganzen Vormittag mit meinem Buch über Portalmagie in meinem Zimmer gesessen und gelernt und ich hatte mal wieder überhaupt nicht gemerkt, dass ich so langsam ziemlich hungrig wurde.
Da in der nächsten Woche erste wichtige Zwischenprüfungen anstanden, wollte ich an diesem Wochenende lieber in der Schule bleiben und ausnahmsweise mal nicht nach Hause fliegen. Alice war heute Morgen zu einer Freundin gereist und so hatte ich unser kleines Reich den ganzen Tag über für mich allein. Da es an freien Schultagen nur morgens und mittags Verpflegung für die hier verbliebenen Schüler gab, ich es aber versäumt hatte, zum Mittagessen hinunterzugehen, machte ich mich jetzt ziemlich ausgehungert auf den Weg in Richtung Gasthaus.
Natürlich nicht ohne mein obligatorisches Buch vor der Nase. Ich las einfach immer und überall. Selbst wenn ich nur durch die Straßen Dalarans ging, hatte ich normalerweise ein Buch vor der Nase. Es war ein kleines Wunder, dass ich noch nicht in einen Brunnenschacht gestürzt, oder mit irgendjemandem zusammengerasselt war, so blind, wie ich hier immer herumlief.
Ich verließ den Schulturm, stieg die lange Treppe im Schneckentempo hinunter und las gerade mitten auf der Hauptstraße über die Einführung der Stadtportale in der ersten Zeit nach der Gründung Dalarans, als ich ganz in der Nähe eine vertraute Stimme vernahm. Es war mein Lehrer Khadgar, in den ich jetzt mit meiner Nase tief im Buch versenkt fast hineingelaufen wäre.
Er räusperte sich amüsiert und setzte dann zu einer Vorstellung an. »Teyla, darf ich euch meinen guten Freund Wrathion Blackwing vorstellen, den schwarzen Prinzen?« »Wrathion, dieser Bücherwurm ist meine talentierte Schülerin Lady Teylagosa Stormrider.« Er klang ein bisschen stolz und lächelte zufrieden, als er seine kleine Ansprache beendet hatte.
Talentiert hatte er gesagt … ich wurde ein wenig rot und klappte lieber schnell mein Buch zu. Susi hatte also recht gehabt, Khadgars guter Freund war also tatsächlich ein Prinz. Nun gut, wenn es denn unbedingt sein musste. Ich hatte in meinem Leben trotz unserer Abgeschiedenheit schon so viele selbstverliebte Grafen und Ladys getroffen, da kam es auf einen Weiteren nun auch nicht mehr an.
Für Khadgar lächelte ich also höflich und reichte seinem Freund brav die Hand und erwartete wie selbstverständlich, in das freundliche Gesicht eines älteren Herrn zu blicken. Erst als ich aufblickte und den Fremden wirklich ansah, traf mich die Erkenntnis des Unerwarteten mit voller Wucht.
Diese intensiv roten Augen waren genau die aus meinem fast schon wieder vergessenen Traum vor Monaten. Da gab es absolut keinen Zweifel!
Wie vom Donner gerührt stand ich da, starrte ihn an und verlor jede Kontrolle über mich. Hitze stieg in meine Wangen und in meinem Bauch flatterte es wie wild. Jeder Versuch, den Blick von seinem abzuwenden, scheiterte. Mein Verstand stellte sich in Dauerschleife immer dieselbe Frage: Wie um alles in der Welt war dieser Mann in meinen Traum gekommen?
Die Welt um uns herum wurde unscharf und in meinem Kopf lachte mich Oma aus: »Glaub mir Schätzchen, DAFÜR wirst du Zeit haben … «
Wrathion seinerseits starrte ebenso zurück. Vielleicht lag Erkenntnis in seinem Blick, vielleicht auch Überraschung. Ich wusste es nicht. Sicher war nur eines: Er war ein schwarzer Drache wie Oma und Sam, denn das war durch seine menschliche Gestalt hindurch für mich deutlich sichtbar.
Khadgar beobachtete seinen Freund und mich sehr genau mit einem ahnenden Lächeln. »Teyla, geht es Euch gut? Ihr seht ein wenig blass aus?«
Seine Stimme brachte mich endgültig zurück in die Realität und ich hätte mich am liebsten geschüttelt wie ein nasser Hund, nur um so schnell wie möglich wieder klar denken zu können.
Endlich war ich in der Lage, meinen Blick zu senken, und zwang mich zu einem gequälten Lächeln. »A … alles okay. Nur etwas … ähh … unterzuckert. Ich hätte vielleicht was essen sollen …«, stammelte ich peinlich berührt und hätte mich am liebsten an Ort und Stelle in Luft aufgelöst.
Ohne dass ich es bewusst gewollt hätte, wanderte mein Blick verstohlen zurück zu Wrathion, gezogen von einer Gravitationskraft, die so viel stärker war als ich.
»Nun«, begann Khadgar wieder und lächelte mittlerweile verschmitzt, »Wrathion und ich wollten gerade zusammen mit Lady Jaina und Professor Whitmoore zu Mittag essen. Vielleicht möchtet ihr uns ja begleiten, damit ihr wieder zu Kräften kommt, meine Liebe?«, zwinkerte er.
Ich fühlte mich ein wenig deplatziert und mir wollte keine Antwort einfallen, die mir spontan gefallen hätte. »Ähh … « machte ich, errötete noch etwas mehr und fühlte mich dabei wie eine völlige Idiotin.
Ausgerechnet Wrathion rettete mich aus der peinlichen Situation, er machte jetzt ein ernsthaft vorwurfsvolles Gesicht, die winzigste Andeutung eines Lächelns spielte um seinen Mund und seine Stimme war wie geschmolzenes Karamell.
»Mein lieber Khadgar, du hast Teyla ja völlig aus der Fassung gebracht!«
Und zu mir in einem feierlichen Tonfall: »Milady, gewährt ihr uns die Freude eurer Gesellschaft beim Essen?« Er machte mit einem Lächeln eine bühnenreife Verbeugung ohne mich dabei auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen, dann hob er theatralisch eine Augenbraue und sah mich fragend an.
Jetzt musste ich lachen, denn er sah bei dieser Performance einfach zu komisch aus.
Er richtete sich wieder auf, lächelte mich auf eine schiefe Art an, die mich ein wenig nervös machte und hielt mir seinen Arm hin. „Wollen wir?“
Mein Widerstand schmolz dahin wie Butter in der Sonne, ohne dass ich irgendetwas dagegen hätte tun können.
»Okay.«, gab ich mich schmunzelnd geschlagen und hakte mich ein. Auf dem Weg ins Gasthaus übernahmen die beiden Männer das Reden, also hatte ich ein wenig Zeit, mir meinen Begleiter genauer anzusehen. Er konnte nicht viel älter sein als ich, das sah ich seiner noch lange nicht ausgewachsenen Drachengestalt im Hintergrund deutlich an. »Fast noch ein Welpe«, hatte ich Oma auf einmal wieder im Ohr …
Fortsetzung folgt …
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Stormrider - Part 19
It was now November. Not that I had noticed at all, since the weeks came and went while I was so busy studying that I probably even had a reputation as a nerd among my teachers by now. Simply because I pestered them with my inevitable questions for minutes after almost every class, I already stood out from most of my fellow students.
On this class-free Friday, I had spent almost the entire morning sitting in my room with my book about portal magic and studying, and once again, I didn’t realize that I was slowly getting quite hungry. Since the first important midterms were coming up next week, I wanted to stay at school this weekend and, for once, not fly home. Alice had traveled to a friend’s place this morning, so I had our little realm all to myself for the entire day. Since on free school days, there was only food available in the morning and at noon for the students who stayed here, and I had missed going down for lunch, I was now pretty famished and heading towards the inn.
Of course, not without my obligatory book in front of my nose. I just always read everywhere. Even when I was just walking through the streets of Dalaran, I usually had a book in front of my nose. It was a small miracle that I hadn’t fallen into a well shaft or collided with someone, as blindly as I always walked around here. I left the school tower, descended the long staircase at a snail’s pace, and was reading about the introduction of city portals in the early days after Dalaran’s founding right in the middle of the main street when I heard a familiar voice nearby. It was my teacher Khadgar, whom I had almost bumped into with my nose deep in my book.
He cleared his throat amusedly and began an introduction. „Teyla, may I introduce you to my good friend Wrathion Blackwing, the Black Prince?“ „Wrathion, this bookworm is my talented student Lady Teylagosa Stormrider.“ He sounded a bit proud and smiled contentedly as he finished his little speech. Talented, he had said … I blushed a little and quickly closed my book. So Susi was right, Khadgar’s good friend was indeed a prince. Well, if it had to be. Despite our seclusion, I had met so many self-absorbed counts and ladies in my life that one more wouldn’t make a difference. So, for Khadgar, I smiled politely and dutifully shook his friend’s hand, expecting, as a matter of course, to look into the friendly face of an older gentleman. Only when I looked up and really saw the stranger did the realization of the unexpected hit me with full force.
Those intensely red eyes were exactly the ones from my almost forgotten dream months ago. There was absolutely no doubt about it! Thunderstruck, I stood there, staring at him, losing all control over myself. Heat rose to my cheeks, and my stomach fluttered wildly. Every attempt to avert my gaze from his failed. My mind kept repeating the same question on a loop: How in the world had this man appeared in my dream? The world around us became blurry, and in my head, Grandma laughed at me: „Believe me, sweetheart, FOR THIS you will have time…“
Wrathion, for his part, stared back just as intensely. Perhaps there was recognition in his gaze, perhaps surprise. I didn’t know. One thing was certain: He was a black dragon like Grandma and Sam, as that was clearly visible through his human form to me. Khadgar observed his friend and me very closely with a knowing smile. „Teyla, are you okay? You look a little pale?“ His voice finally brought me back to reality, and I would have liked to shake myself like a wet dog just to be able to think clearly again as quickly as possible.
Finally, I was able to lower my gaze and forced myself to a strained smile. „E… everything’s okay. Just a bit… uh… low on sugar. I probably should have eaten something…“, I stammered, embarrassed, and would have liked to disappear into thin air on the spot. Without consciously wanting to, my gaze sneaked back to Wrathion, drawn by a gravitational force that was so much stronger than me.
„Well,“ Khadgar began again, now smiling mischievously, „Wrathion and I were just about to have lunch with Lady Jaina and Professor Whitmoore. Perhaps you would like to join us to regain your strength, my dear?“, he winked.
I felt a bit out of place and couldn’t come up with an answer that I liked spontaneously. „Uh…,“ I said, blushing even more and feeling like a complete idiot.
It was Wrathion, of all people, who saved me from the awkward situation. He now put on a seriously reproachful face, the tiniest hint of a smile playing around his mouth, and his voice was like melted caramel. „My dear Khadgar, you have completely thrown Teyla off balance!“ And to me in a solemn tone: „Milady, would you grant us the pleasure of your company at lunch?“ He made a stage-worthy bow with a smile without taking his eyes off me for a moment, then raised an eyebrow theatrically and looked at me questioningly.
Now I had to laugh because he looked just too funny with this performance.
He straightened up again, smiled at me in a crooked way that made me a little nervous, and held out his arm to me. „Shall we?“
My resistance melted away like butter in the sun, without me being able to do anything about it. „Okay,“ I surrendered with a smile and linked my arm with his. On the way to the inn, the two men took over the conversation, so I had a little time to take a closer look at my companion. He couldn’t be much older than me, I could see that clearly from his not yet fully grown dragon form in the background. „Almost still a whelp,“ I suddenly heard Grandma again in my ear…
To be continued …
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