Stormrider - Teil 142
Als ich den Gemeinschaftsraum betrat, hatte sich die Stimmung meiner Schwiegermutter und meiner besten Freundin in etwas verwandelt, das man bestenfalls als Panik bezeichnen konnte.
»Nathiel hat uns eine Nachricht geschickt. Er wartet zu Hause auf uns – und es ist wirklich dringend.«
Nyra wirkte beinahe fahrig. Ihre Worte waren hastig, ihr Blick zu durchdringend.
Ich nickte wortlos – und öffnete das Portal nach Hause.
»Was hast du so Dringendes für mich?«, fragte ich Nathiel, der uns bereits erwartete – und ungewöhnlich still war.
Sein Blick war hart. Fast … mitleidig.
»Es ist diesmal … anders. Ich weiß nicht, ob ich dir das wirklich zeigen soll.«
Er zögerte.
Ich stöhnte leise. »Nathiel. Bitte. Gib’s mir einfach.«
»Sag später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
Er reichte mir den Splitter. Zog die Hand sofort zurück, als hätte er sich verbrannt.
Ich spürte es, noch bevor ich ihn berührte:
Diesmal würde es nicht nur schmerzen.
Es würde etwas mitnehmen.
Ich setzte mich zu ihnen aufs Sofa. Der Splitter an meiner Stirn. Und ich fiel.
Rauch.
Dann: der Käfig.
Mein Geliebter – ein schwarzer Berg aus Asche. Die Flamme in ihm fast erloschen. Er saß da, eingefroren. Die Augen geschlossen.
Dann kamen sie.
Ravina.
Sie betrat den Raum wie eine Priesterin.
Barfuß. In Seide. Kurze Hörner im roten, hochgesteckten Haar.
Ein Lächeln auf den Lippen – zu selig, um menschlich zu sein.
Neben ihr: Xal’atath – nur ein violettes Flimmern.
Ein Schatten aus Leere, der mit gläserner Gier auf das wartete, was nun kam.
Sie gingen nicht zu Wrathion – sie zelebrierten den Moment.
Blieben vor dem Käfig stehen, als wäre er ein Altar.
»Mein Liebster … ich habe einen Weg gefunden.«
Ravinas Stimme klang weich. Zerbrechlich.
Falsch.
Xal’atath flackerte auf, als hätte sie das Wort Weg genossen.
Wrathion regte sich nicht.
Ravina trat näher.
Sie sprach wie ein Engel.
Wie eine Liebende.
Wie eine Mutter.
»Ich nehme, was du mir nie geben wolltest.«
Ein Wispern, kaum mehr als Atem.
»Ich werde es lieben. Ich werde unser Kind lieben.«
»Ein Kind – aus einem Stück deiner Seele. Vereint mit meiner Essenz. Verschmolzen in der Leere.«
Sie lachte. Kein Laut – nur das Geräusch eines zerreißenden Spiegels.
»Und wenn Euer Kind alt genug ist, wird es alles spüren«, flüsterte Xal’atath – ein Hauch, wie ein Riss im Verstand.
»Deine Ablehnung. Und den Grund dafür. Vielleicht wird es … gewisse Dinge korrigieren wollen. Wer weiß das schon.« Ihr Lächeln war so falsch wie ihre Freundlichkeit.
»Du wirst es überleben«, hauchte Ravina. »Aber du wirst nie mehr ganz sein. Ein Teil von dir wird immer mir gehören. Und sie wird wissen, was es dich gekostet hat, sie gewählt zu haben. Wir werden es sie wissen lassen.«
Sie lächelte.
Sanft.
Ein Lächeln wie ein Dolch.
»Falls du zurückkehrst.«, fügte Xal hinzu. »Wird sie sich Jedes Mal, wenn sie dich ansieht fragen, ob du bereust.«
Ich sah Wrathions Gesicht inmitten seiner Drachenform.
Nur einen Wimpernschlag lang – da war etwas.
Nicht Wut.
Nicht Schmerz.
Es war Grauen.
Rein.
Instinktiv.
Glasklar.
Ich wickelte mein zerbrechendes Herz in Seide aus Stahl.
Dann brach die Vision ab.
Ich keuchte.
Die Welt zuckte.
Meine Finger zitterten.
Ein Moment Stille – dann kam die Kälte.
Und mit ihr: ein neues Feuer.
Keine Magie.
Keine Schwurformel.
Nur Entschlossenheit.
Eisklar. Unerbittlich.
Ich sah auf meine Hände.
Sie hörten auf zu zittern.
Ich sah sie alle an. Einen nach dem anderen.
»Bereit oder nicht. Wir gehen. Wir müssen.«
»Was hast du gesehen?«, fragte Nyra.
Ich schluckte. Die Worte wollten nicht über meine Lippen.
Da übernahm Nathiel: »Sie wollen ihm ein Stück seiner Seele nehmen … und daraus ein „Kind“ erschaffen. Eine Kreatur der Leere.«
Er sprach leise, aber jedes Wort traf wie ein Hieb.
»Ravina will ein Kind von ihm – um jeden Preis. Sie glaubt, es steht ihr zu, weil er sie zurückgewiesen hat.«
Ich spürte sein inneres Schaudern deutlich durch unsere Verbindung.
»Und Xal … ich weiß nicht, was sie wirklich will. Vielleicht hilft sie nur einer Freundin. Vielleicht auch nicht. Aber unter uns – ich glaube nicht an Zufälle. Sie werden ihn nicht freilassen. Selbst wenn er überlebt. Die Aussicht, einen Drachen der Leere zu erschaffen, ist für sie … zu verführerisch.«
Konnte dieser Tag noch grausamer werden?
»Ist das überhaupt möglich?«, fragte Nila, fassungslos.
Nyra nickte langsam. Ihre Stimme klang bitter:
»Seelenschnitte sind möglich. Tiefe, dunkle Magie – aber möglich. Ich habe Ähnliches beim Schattenhammer gesehen. Sie nannten es Opferung … und keines der Opfer überlebte den Vorgang.«
Sie fuhr sich mit den Fingern durch ihre Mähne und schloss kurz die Augen.
»Wir müssen ihn da rausholen.«, sagte Carla – schlicht, entschlossen.
Nyra nickte. »Unsere Vorbereitungszeit ist vorbei. Was wir gelernt haben, muss genügen.«
Dann sah sie uns an – plötzlich ganz klar.
»Geht. Holt, was ihr braucht. Packt es ein. Wir brechen um Mitternacht auf.«
Gegen elf Uhr kochte Oma mehrere Kannen Kaffee, schmierte Brote, packte Leckereien ein.
»Ihr werdet es brauchen«, murmelte sie – mehr zu sich selbst als zu uns.
Sie war nervöser als wir alle zusammen.
Gegen halb zwölf trafen erst Carla und dann Nathiel ein. Kurz darauf öffnete sich ein leuchtendes Portal, durch das Nila trat.
Ganz unabhängig voneinander hatten wir uns alle für Schwarz entschieden. Die Farbe der mondlosen Nacht – so finster, dass sie uns vielleicht ein wenig unsichtbarer machte.
Wir saßen im Wohnzimmer zusammen.
Die Uhr tickte leise.
Das Feuer knisterte im Kamin.
Und ganz allmählich sickerte in mein Bewusstsein, dass dies der Moment war, an dem es wirklich ernst wurde.
Wir würden siegen – oder sterben.
Es gab nichts dazwischen.
Und ich war bereit.
Fortsetzung folgt …
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Stormrider - Part 142
»When I entered the common room, the mood of my mother‑in‑law and my best friend had turned into something that could best be described as panic.
»Nathiel sent us a message. He’s waiting for us at home – and it’s really urgent.«
Nyra seemed almost agitated. Her words were rushed, her gaze too intense.
I nodded silently – and opened the portal home.
»What’s so urgent?« I asked Nathiel, who was already waiting for us – unusually quiet.
His expression was hard. Almost … pitying.
»This time … it’s different. I’m not sure I should even show you.«
He hesitated.
I sighed softly. »Nathiel. Please. Just give it to me.«
»Don’t say I didn’t warn you later.«
He handed me the shard – and pulled his hand back instantly, as if burned.
I felt it before I even touched it:
This time, it wouldn’t just hurt.
It would take something with it.
I sat down with them on the sofa. The shard against my forehead. And I fell.
Smoke.
Then: the cage.
My beloved – a black mountain of ash. The flame within him almost extinguished. He sat there, frozen. Eyes closed.
Then they came.
Ravina.
She entered the room like a priestess.
Barefoot. Draped in silk. Short horns in her red, pinned‑up hair.
A smile on her lips – too serene to be human.
Beside her: Xal’atath – nothing but a violet shimmer.
A shadow of the Void, waiting with glass‑like hunger for what was about to happen.
They didn’t go to Wrathion – they celebrated the moment.
They stopped before the cage as if it were an altar.
»My beloved … I’ve found a way.«
Ravina’s voice sounded soft. Fragile.
False.
Xal’atath flickered, as if savoring the word way.
Wrathion didn’t move.
Ravina stepped closer.
She spoke like an angel.
Like a lover.
Like a mother.
»I’ll take what you never wanted to give me.«
A whisper, barely more than breath.
»I will love it. I will love our child.«
»A child – born of a fragment of your soul. United with my essence. Fused in the Void.«
She laughed. No sound – only the noise of a shattering mirror.
»And when your child is old enough, it will feel everything,« Xal’atath whispered – a breath like a crack in sanity.
»Your rejection. And the reason for it. Maybe … it will want to correct certain things. Who can say?« Her smile was as false as her kindness.
»You will survive,« Ravina breathed. »But you will never be whole again. A part of you will always belong to me. And she will know what it cost you to choose her. We will make sure she knows.«
She smiled.
Softly.
A smile like a dagger.
»If you return,« Xal added, »she will ask herself every time she looks at you … whether you regret it.«
I saw Wrathion’s face within his dragon form.
Just for a heartbeat – there was something.
Not anger.
Not pain.
It was terror.
Pure.
Instinctive.
Crystal clear.
I wrapped my breaking heart in silk made of steel.
Then the vision ended.
I gasped.
The world shuddered.
My fingers trembled.
A moment of silence – then came the cold.
And with it: a new fire.
No magic.
No oath.
Just resolve.
Icy. Relentless.
I looked at my hands.
They stopped trembling.
I looked at them all. One after another.
»Ready or not. We’re going. We have to.«
»What did you see?« Nyra asked.
I swallowed. The words refused to leave my lips.
Then Nathiel spoke: »They want to take a piece of his soul … and make a ‘child’ from it. A creature of the Void.«
He spoke quietly, but every word struck like a blow.
»Ravina wants a child by him – at any cost. She believes she’s entitled to it because he rejected her.«
I felt his inner shudder clearly through our bond.
»And Xal … I don’t know what she truly wants. Maybe she’s just helping a friend. Maybe not. But between us – I don’t believe in coincidences. They won’t let him go. Even if he survives. The prospect of creating a dragon of the Void is far too tempting for them.«
Could this day get any crueller?
»Is that even possible?« Nila asked, horrified.
Nyra nodded slowly. Her voice was bitter:
»Soul‑splitting is possible. Deep, dark magic – but possible. I’ve seen something similar with the Twilight’s Hammer. They called it sacrifice … and none of the victims survived the process.«
She ran her fingers through her mane and briefly closed her eyes.
»We have to get him out,« Carla said simply, resolute.
Nyra nodded. »Our preparation time is over. What we’ve learned will have to be enough.«
Then she looked at us – suddenly very clear.
»Go. Get what you need. Pack it. We leave at midnight.«
Around eleven, Grandma brewed several pots of coffee, made sandwiches, packed treats.
»You’ll need it,« she murmured – more to herself than to us.
She was more nervous than all of us put together.
Around half past eleven, first Carla arrived, then Nathiel. Shortly after, a glowing portal opened and Nila stepped through.
All of us, independently, had chosen black. The color of a moonless night – so dark it might make us just a little less visible.
We sat together in the living room.
The clock ticked softly.
The fire crackled in the hearth.
And slowly, it sank in: this was the moment it became real.
We would win – or die.
There was nothing in between.
And I was ready.
To be continued …
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