
Stormrider - Teil 130
»Ich bin sehr zufrieden mit Euch allen!«, lobte uns Professor Whitmoore. »Nicht jeder Gruppe wird es zuteil, schon am ersten Tag solch gute Ergebnisse zu erzielen. Für heute habt Ihr es geschafft. Schönes Wochenende Euch allen.«
Mit einem Stich im Herzen dachte ich bei ihren Worten an die ersten Wochenenden in der Schule zurück, die ich immer voller Freude erwartet hatte. Denn zumeist wartete mein Liebster damals am Freitagnachmittag schon auf mich. Im Gegensatz zu heute, wo es eine genervte Nyra war, der ich nie schnell genug fertig wurde, denn wir kehrten in diesen Tagen stets gemeinsam nach Hause ins Gebirge zurück.
Es war jetzt umso wichtiger, dass ich schnell nach Hause kam, dachte ich mir. Denn je schneller ich mit Nathiel die Thal’Sharan-Magie beherrschte, desto eher würde mein Wrathion wieder bei mir sein. »Wenn es nicht schon zu spät ist.«, sagte eine leise Stimme in meinem Kopf, aber ich wollte ihr nicht zuhören.
»Die nächste Übung wird dir gefallen«, sagte Nyra. »Wir beschwören jetzt einen Schattenkäfig. Und ihr zwei…«, sie grinste Nathiel und mich an, »… werdet versuchen, ihn zu zerschmettern. Bereit?«
Ich biss mir auf die Lippe und nickte. »Bereit.«
»Ich bin bereit«, bestätigte Nathiel.
Wie an fast jedem Nachmittag war Omas sonnenbeschienener Garten unser Übungsraum. Carla saß im hohen Gras, knabberte an einer Möhre und beobachtete uns. Sie war in ihrer Ausbildung mit Nyra schon so weit voraus, dass sie sich Müßiggang leisten konnte.
Nyra hatte ein altes Plüschtier von mir auf die Wiese gesetzt – der Zauber benötigte immer ein Objekt, das eingesperrt wurde. Sie begann langsam, um den Teddybären zu kreisen, murmelte leise die Beschwörungsformel. Es sah aus, als würde sie nur sinnlos herumlaufen und mit sich selbst reden. Kein Wunder, dass Wrathion nichts gemerkt hatte, als Ravina diesen Zauber gegen ihn eingesetzt hatte.
Als sie fertig war, blickte sie auf. »Versucht euer Glück.«
Ich runzelte die Stirn. »Was greifen wir an? Da ist nichts.«
»Oh doch, ich sehe die Gitterstäbe«, warf Nathiel ein. »Schwarzer Rauch, durchzogen von goldenen Blitzen.«
Ich kniff die Augen zusammen – nichts.
»Dann wirst du heute erleben, wie euer Zusammenspiel andersherum funktioniert«, erklärte Nyra. »Am Anfang ist es ungewohnt. Du leitest deine Magie in Nathiel – und er zerstört den Käfig.«
»Yep, genau so ist es«, bestätigte Carla kauend.
»Dann los, Prinzessin. Gib mir alles, was du hast«, grinste Nathiel.
Ich konzentrierte mich und schickte ihm meine gesamte Kraft. Nathiel fing sie auf, verstärkte sie mit seiner Eigenen und leitete sie weiter. Und plötzlich sah auch ich es: schwarze, rauchige Stränge, pulsierend, wehrhaft. Sie wandten sich gegen uns, als hätten sie ein Bewusstsein.
Ich schleuderte meine letzte Willenskraft gegen sie – aber der Käfig blieb bestehen. Dann wurde er wieder unsichtbar.
Ich keuchte, beugte mich vor und stützte mich auf den Oberschenkeln ab. »Ich kann nicht mehr geben«, stöhnte ich. »Und nun?«
»Das«, sagte Nyra ruhig, »ist nur der Anfang. Du hast dir das einfacher vorgestellt, Kleines – nicht wahr?«
Als ich an diesem Sonntagmorgen erwachte, lag meine Kleine neben mir, in das Kissen ihres Vaters gekuschelt.
»Guten Morgen, Mami.«, sagte sie. »Ich war wieder bei Papa heute Nacht.« Sie strahlte mich an, während sie sich aufsetzte und Raths Kissen so liebevoll umarmte, als wäre es ihr liebstes Kuscheltier.
»Guten Morgen, meine Süße. Kannst du eigentlich mit ihm sprechen, wenn du dorthin gehst?«
»Nein. Ich habe es versucht, aber er hört meine Worte nicht. Aber ich glaube, er kann mich sehen, wenn ich vor seinem Gefängnis stehe, und ihn anschaue. Er lächelt dann immer ein ganz kleines bisschen – so, dass ich es gerade noch sehen kann. Obwohl er ja gar nicht weiß, wer ich bin.«
Ich zog sie fest an mich. »Danke, dass du so auf Papa aufpasst, Süße. Hat sich irgendetwas verändert? Dort wo er ist, meine ich.«
»Nein. Es sieht so aus wie sonst. Dunkel und abscheulich ist es dort. Holen wir ihn bald da raus, ja?«
»Ja sehr bald, mein Liebling. Sehr bald.« Ich hoffte, dass ich mit dieser Mutmaßung richtig lag. Der Misserfolg mit dem Schattenkäfig gestern hatte mich ernüchtert. Ich hatte nicht geahnt, wie schwer es sein würde, Wrathions Gefängnis zu brechen – selbst mit der geballten Kraft, die Nathiel und ich gemeinsam entfalten konnten.
»Seid ihr etwa wach?«, rief Shaddy vor meiner Tür. Nach unserer Bestätigung hüpfte er fröhlich herein und ließ sich zu uns aufs Bett fallen. »Oma Anelia und Oma Nyra machen schon Frühstück, ihr Schlafmützen. Ihr solltet besser aufstehen.«
Ich war heilfroh, dass die Geschichte von Wrathions Entführung meine beiden Süßen nicht so sehr erschütterte, wie sie es bei mir getan hatte. Der Anblick ihres gefangenen und leidenden Vaters war nichts, was man einem Kind in ihrem Alter zumuten wollte – und doch hatten wir ihnen nichts vormachen können. Ohne ihre Träume und Berichte hätten wir nie gewusst, dass er überhaupt noch am Leben war.
»Kann ich heute wieder zusehen?«, fragte Shaddy neugierig. Er war mindestens so fasziniert von der Magie, wie ich in seinem Alter – mit dem kleinen Unterschied, dass er jeden Nachmittag hautnah dabei sein konnte. Meist saß er mit leuchtenden Augen auf der Bank vor dem Haus und klatschte begeistert, wenn einem von uns ein besonders schwieriger Zauber gelang – als säße er im Publikum einer Zaubershow.
Leah dagegen war meist mehr an dem interessiert, was Oma in der Küche zauberte und half ihr dort leidenschaftlich gern.
»Sicher. Am Nachmittag dann, wenn Carla und Nathiel da sind. Jetzt aber: raus aus den Federn, ihr zwei – wir gehen frühstücken.«
Fortsetzung folgt …
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Stormrider - Part 130
»I’m very pleased with all of you!« praised Professor Whitmoore. »Not every group manages to achieve such results on the very first day. That’s it for today. Have a wonderful weekend.«
Her words gave my heart a painful tug. I remembered those early weekends at school, the ones I had always looked forward to with joy—because most of the time, my beloved was already waiting for me on Friday afternoons. Unlike now, when a grumpy Nyra was always annoyed that I wasn’t ready fast enough. These days, we always traveled home to the mountains together.
It felt more important than ever to get back home quickly. Because the faster I mastered the Thal’Sharan magic with Nathiel, the sooner Wrathion would be back with me. »If it’s not already too late,« said a quiet voice in my head. But I refused to listen.
»You’ll like the next exercise,« said Nyra. »We’re going to summon a shadow cage. And you two…« —she grinned at Nathiel and me— »… will try to break it. Ready?«
I bit my lip and nodded. »Ready.«
»I’m ready,« Nathiel confirmed.
Like almost every afternoon, Grandma’s sunlit garden was our training ground. Carla was sitting in the tall grass, munching on a carrot while watching us. She was already so far ahead in her training with Nyra that she could afford a bit of idleness.
Nyra had placed one of my old stuffed animals on the lawn—the spell always needed an object to be imprisoned. She began to slowly circle the teddy bear, murmuring the incantation under her breath. It looked like she was just pacing around and talking to herself. No wonder Wrathion hadn’t noticed anything when Ravina used the spell on him.
When she was done, she looked up. »Try your luck.«
I frowned. »What are we supposed to attack? There’s nothing there.«
»Oh, I can see the bars,« Nathiel chimed in. »Black smoke, streaked with golden lightning.«
I squinted—nothing.
»Then today, you’ll experience how your synergy works in the other direction,« Nyra explained. »At first, it feels unfamiliar. You channel your magic into Nathiel—and he’ll break the cage.«
»Yep, exactly that,« said Carla through a mouthful of carrot.
»Alright then, princess. Give me all you’ve got,« Nathiel grinned.
I focused and sent him all the energy I could muster. Nathiel caught it, amplified it with his own strength, and channeled it forward. And suddenly, I saw it too: black, smoky strands, pulsing, defiant. They resisted us, as if they had a mind of their own.
I hurled the last of my willpower at them—but the cage held. Then it vanished again.
I gasped, bent forward, resting my hands on my thighs. »I’ve got nothing left,« I panted. »Now what?«
»This,« Nyra said calmly, »is only the beginning. You thought it would be easier, didn’t you, little one?«
When I woke up that Sunday morning, my little one was curled up next to me, cuddled up to her father’s pillow.
»Good morning, Mommy,« she said. »I went to see Daddy again last night.«
She beamed at me as she sat up and hugged Wrathion’s pillow like it was her favorite stuffed animal.
»Good morning, sweetheart. Can you actually talk to him when you go there?«
»No. I tried, but he doesn’t hear my words. But I think he can see me when I stand in front of his prison and look at him. He always smiles just the tiniest little bit—just enough that I can see it. Even though he doesn’t know who I am.«
I pulled her close. »Thank you for looking after Daddy, sweetheart. Has anything changed? I mean, where he is?«
»No. It looks the same as always. Dark and disgusting. We’ll get him out of there soon, right?«
»Yes, very soon, my love. Very soon.« I hoped I was right. The failed attempt with the shadow cage had sobered me. I hadn’t expected it to be so hard to break Wrathion’s prison—even with the combined force that Nathiel and I were able to summon.
»Are you two awake in there?« Shaddy called through my door. After we answered, he came bouncing in and plopped down on the bed with us.
»Grandma Anelia and Grandma Nyra are already making breakfast, you sleepyheads. You better get up.«
I was incredibly grateful that the story of Wrathion’s abduction hadn’t shaken the two of them as much as it had shaken me. The sight of their imprisoned and suffering father wasn’t something you’d ever want a child their age to see—and yet we couldn’t hide it from them. Without their dreams and their reports, we’d never have known he was still alive.
»Can I watch again today?« Shaddy asked eagerly. He was at least as fascinated by magic as I had been at his age—with the small difference that he got to witness it firsthand every single afternoon. Most of the time, he sat wide-eyed on the bench in front of the house, clapping enthusiastically whenever one of us pulled off a particularly difficult spell—like he was in the audience at a magic show.
Leah, on the other hand, was usually more interested in what Grandma was conjuring up in the kitchen and loved helping her there.
»Of course. This afternoon, when Carla and Nathiel are here. But for now: out of bed, you two—we’re going to have breakfast.«
To be continued …
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