Stormrider - Teil 127

Nyra hatte erzählt, dass sie wirklich sehr lange nach dem einzigen verbliebenen Buch über die Thal´Sharan auf der Suche gewesen war, bevor es ihr von Altvater Winter letzte Weihnachten geschenkt worden war. Kein Wunder also, dass sie darüber so aus dem Häuschen geraten war.
Das einzige Problem sah ich darin, dass ich meiner Lerngruppe mein Fernbleiben würde erklären müssen, weil die Nachmittage in nächster Zeit für das gemeinsame Üben mit Nathiel reserviert waren. Eine ausreichende Begründung dafür musste ich mir noch irgendwie zurechtlegen.

»Wie du kommst nicht mehr?«, starrte Nila mich ungläubig an. »Warum?«
»Erst mal. Ich bin mit meinen Kleinen zu sehr eingespannt.«, log ich widerwillig. »Sie lernen gerade jetzt so viel, dass ich kaum mit den Antworten hinterherkomme.Es ist wichtig, dass ich jetzt für die Beiden da bin.«
Sie sah zerknirscht aus. »Schade. Mit dir übe ich am liebsten.«
»Ich mit dir auch. Aber ich bin ja nicht aus der Welt. Wenn du mich brauchst, bin ich da.«
»Wenn sie wüsste.«, dachte ich mir. Wenn sie wüsste, dass ich all das, was wir in diesem Augenblick durchnahmen, in besserer Form schon vor Monaten mit Nyra geübt hatte und gerade jetzt mit Nathiel zur Perfektion brachte.
Aber ich musste meine Klappe halten, so gern ich ihr davon auch erzählt hätte. Und dabei hatte sich ihre Magie so sehr weiterentwickelt, dass sie uns wahrscheinlich eine große Hilfe gewesen wäre, denn ich bezweifelte, dass Ariel-Magie unter den Zauberbann des Schlunds fiel.
Aber Nyra blieb bei ihrer Meinung, als ich sie wie nebenbei danach fragte. Nur wir beide mit Carla und Nathiel. Das war unser Team.

Die Mitteilung, dass Wrathion im Schlund sei, nahm sie gelassener auf als ich. »Es musste ja ein solcher Ort sein, nachdem du mir den Traum beschrieben hattest, hatte ich schon eine leise Ahnung. Aber gut, dass wir es jetzt sicher wissen.« Sie strich sich lächelnd eine Strähne hinter ihr Ohr, die ihr vor den Augen hing und sah mich und Nathiel an. »Seid ihr bereit?«
Das waren wir. Ich hatte zwar keine Zweifel gehabt, dass unsere Magie gut zusammen funktionieren würde, aber bereits während unserer ersten gemeinsamen Übung blieb mir der Mund offen stehen, so sehr intensivierte sich unsere Magie, wenn wir gemeinsam arbeiteten. Genau gesagt mussten wir tatsächlich aufpassen, dass wir nicht Omas Dachstuhl in Flammen aufgehen ließen, denn es war schon bei unserem ersten Versuch ganz kurz davor, das das hätte passieren können.
»Langsam, Prinzessin.«, grinste Nathiel sein schelmisches Grinsen. »Du willst doch auch zukünftig noch ein Dach über dem Kopf haben.« Er war wie bei unserem Kennenlernen auch heute wieder in einem eleganten Anzug erschienen und ein würziger Duft umwehte ihn. Für unsere Übungen hatte er seine Jacke ausgezogen und die Ärmel hochgekrempelt.
»Oh bitte nicht.«, verzog ich unwillig das Gesicht und hielt inne. »Nenn mich nicht so. Das klingt so albern.«
»Warum? Du bist schließlich die Gefährtin deines Prinzen und die Mutter seiner Kinder, oder etwa nicht?«, hielt er den Kopf schräg und sah mich fragend an.
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Ja schon, aber … ich bin keine … ach egal. Machen wir weiter.«
»Wie ihr wünscht, meine Thal´Sharan.«, machte er eine kleine Verbeugung, aber ich sah belustigten Spott in seinen Augen blitzen, als er das sagte, und mir war völlig klar, dass er mich auch künftig so bezeichnen würde. Allein schon aus dem Grund, weil es ihm Vergnügen bereitete, wie ich mich wand.
»Ihr seid wahrlich ein explosives Paar.«, lachte Nyra an diesem Abend, nachdem wir genug für diesen Tag gelernt hatten. Sie hatte recht, wir hatten zusammen wirklich eine gewaltige Sprengkraft. Genau die würden wir auch dringend brauchen, wenn es ernst wurde.

»Wie lange wird es dauern?«, stellte ich Nyra beim Abendessen endlich die eine wichtige Frage, die mir auf der Seele lag, seitdem Nathiel und ich den Schwur ausgesprochen hatten.
»So wie ich es einschätze, wart ihr heute kurz davor, Omas Haus in die Luft zu jagen. Ihr müsst euch einstimmen. Ihr braucht die volle Kontrolle. So lange. Beantwortet das deine Frage?«, antwortete sie sichtlich belustigt.
Ich stöhnte. »Sicher. Es ist ja nur so, dass da jemand unsere Hilfe dringend braucht …«
Sie beugte sich zu mir herüber und sah mich eindringlich an. »Glaub mir, ich habe es mindestens so eilig wie du. Aber wir müssen absolut sicher in unseren Fähigkeiten sein. Sonst haben wir keinerlei Chancen, ihn da rauszuholen.«

Die nächsten Wochen waren einerseits geprägt von unterfordernder Langeweile in der Schule, gepaart mit der absoluten Konzentration, die ich nachmittags beim Training mit Nathiel, Nyra und Carla aufbringen musste. Und waren unsere ersten Übungstage noch völlig chaotisch verlaufen – es war ein Wunder, dass wir nicht den umliegenden Wald niederbrannten oder den Berg auf dem Omas Haus stand, mit einem Erdbeben zum Einsturz brachten – so spielten wir uns nun langsam aber sicher aufeinander ein.
Nyra, die ihre forsche Lehrerinnenart nie abgelegt hatte, trieb uns gnadenlos von einer Übung in die Nächste und sie verlangte absolute Perfektion. Das war ihre Art, ihre eigene Ungeduld zum Ausdruck zu bringen.

Ich hatte keine Ahnung, wie ich Khadgar erklären sollte, zu was ich nun geworden war, aber dennoch würde ich es irgendwann unausweichlich tun müssen. Die Konsequenz meines Handelns wäre ein sofortiger Schulverweis, das war mir vollkommen klar.
Weder rechnete ich mir mildernde Umstände aus, weil wir befreundet waren, noch hoffte ich darauf, dass ich an der Schule bleiben und meinen Abschluss würde machen dürfen. In den mehr als strengen Augen des Rates der Kirin Tor würde ich nichts anderes als ein Hexenmeister sein. Ich schob dieses Gespräch also vor mir her. Hauptsächlich aber, weil ich ihn nicht damit enttäuschen wollte, dass ich diesen, meinen, Weg nun eingeschlagen hatte. Normalerweise war diese Verschieberitis gar nicht meine Art, denn schon immer hatte ich Probleme immer lieber früher als später angesprochen, aber jetzt fand ich ständig irgendeine Ausrede, wenn ich an Khadgars Bürotür vorbeikam.
Also ging ich mit zunehmend schlechtem Gewissen weiter in meinen Unterricht und gab mir die größte Mühe, ganz normal zu wirken.

 

Fortsetzung folgt …

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Stormrider - Part 127

Nyra had told me that she had spent a very long time searching for the last remaining book about the Thal’Sharan before it was finally given to her by Greatfather Winter last Christmas. No wonder she had been so over the moon about it.
The only problem I saw was that I would now have to come up with a reason to explain my absence from the study group — because my afternoons were now reserved for training with Nathiel. I still needed a convincing excuse.

 

»Wait, you’re not coming anymore?«, Nila stared at me in disbelief. »Why not?«
»For now. I’m just overwhelmed with the kids,« I lied reluctantly. »They’re learning so much right now that I can barely keep up with their questions. It’s important I’m there for them.«
She looked downcast. »That’s a shame. I love practicing with you the most.«
»Same here. But I’m not vanishing from the world. If you need me, I’ll be there.«
»If only she knew,« I thought. If she knew that everything we were covering right now, I had already practiced months ago with Nyra — and that I was now perfecting it with Nathiel.
But I had to keep my mouth shut, even though I so badly wanted to tell her. And her magic had come such a long way that I was certain she could have been a great help. I doubted that Ariel Magic was subject to the Maw’s suppression.
But Nyra stood firm. When I casually asked her about it, she didn’t waver: just the two of us, with Carla and Nathiel. That was our team.

The news that Wrathion was in the Maw didn’t faze her as much as it had me. »It had to be a place like that. After you described the dream, I already had a hunch. But good that we now know for sure.« She tucked a strand of hair behind her ear and looked at Nathiel and me. »Are you ready?«
We were. I hadn’t doubted that our magic would work well together, but during our very first practice session I was left speechless. The way our magic intensified when we worked as one — it was overwhelming. We honestly had to be careful not to burn down Grandma’s attic, because it had almost happened on our first try.
»Easy there, Princess,« Nathiel grinned his signature mischievous grin. »You do want a roof over your head in the future, don’t you?« He was, as always, dressed in an elegant suit, with a spicy scent clinging to him. For our exercises, he’d taken off his jacket and rolled up his sleeves.
»Oh, please don’t,« I groaned, pulling a face and pausing. »Don’t call me that. It sounds ridiculous.«
»Why not? You are the mate of your prince and the mother of his children, aren’t you?« he tilted his head and gave me a questioning look.
I bit my lip. »Well, yes, but… I’m not a… oh, whatever. Let’s continue.«
»As you wish, my Thal’Sharan,« he said with a small bow. But I saw the amused gleam in his eyes as he said it, and I knew perfectly well that he’d keep calling me that — just to enjoy my reaction.
»You two are truly an explosive pair,« Nyra laughed that evening after we’d finished our lessons for the day. She was right. Together, we were a formidable force. One we’d definitely need when things got serious.

»How long will it take?« I finally asked Nyra over dinner — the one question that had weighed on me ever since Nathiel and I had sealed our pact.
»Judging by today, when you nearly blew up Grandma’s house — I’d say, as long as it takes until you two are fully attuned and in total control. Does that answer your question?« she replied, clearly amused.
I groaned. »Sure. It’s just… there’s someone out there who needs our help right now…«
She leaned over and looked me straight in the eyes. »Believe me, I’m just as eager as you are. But we need to be absolutely sure of our abilities. Otherwise, we’ll have no chance of getting him out.«

The following weeks were a strange mix of dull boredom at school, and absolute focus during the afternoon training sessions with Nathiel, Nyra, and Carla.
While our first days of practice had been utterly chaotic — it was a miracle we didn’t burn down the surrounding forest or cause an earthquake that leveled the mountain Grandma’s house stood on — we were now slowly syncing up.
Nyra, who never shed her strict teacher mode, drove us relentlessly from one spell to the next and demanded absolute perfection. It was her way of dealing with her own impatience.

I had no idea how I would ever explain to Khadgar what I had become — but I knew the moment would inevitably come. The consequences of my actions would be immediate expulsion. That much was certain.
I didn’t expect any leniency, just because we were friends. Nor did I hope they’d let me stay and finish my education. In the eyes of the Kirin Tor Council — strict as they were — I was nothing more than a warlock.
So I kept putting off the conversation. Mostly because I didn’t want to disappoint him — to show him that I’d chosen this path.
Normally, I wasn’t one to procrastinate. I’d always preferred to face problems head-on. But now I found myself making excuses every time I passed Khadgar’s office door.
So I continued attending classes, growing more and more guilty, and doing my best to act completely normal.

 

To be continued …


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