Stormrider - Teil 113

Nachdem wir Gundargaz nach ergebnisloser Suche wieder verlassen hatten, quartierten wir uns in Mereldar in Heilsturz ein. Hier hatten sich die Arathi niedergelassen. Menschen, die einstmals hierher geflüchtet waren und sich hier ein gutes Leben, zumeist mit Landwirtschaft, aufgebaut hatten. Wir hielten uns überall etwas länger auf, als es nötig gewesen wäre, weil dieser Landstrich das schönste war, was wir hier unten gesehen hatten. Eine riesige Kristallspitze ragte aus der Höhlendecke, die so weit oben war, dass man sie kaum ausmachen konnte, und erleuchtete die Szenerie so hell wie eine kleine Sonne. So weit man sah, gab es üppige Felder und dazwischen tiefe Schluchten mit Flüssen, in denen Angler reichlich Fische fanden. Das Beeindruckendste war jedoch ein unterirdischer See, von dem man nicht sagen konnte, wie weit er wohl reichen würde. Er war tatsächlich ein unterirdisches Meer. Auch hier in Heilsturz flogen wir jeden Tag, sprachen wir mit unzähligen Anwohnern, jedoch wieder ohne jeglichen Erfolg. Die Zeit lief uns davon, ich würde bald zurück in die Schule müssen, wollte Rath aber mit dieser ermüdenden und ziemlich hoffnungslosen Suche auf keinen Fall allein lassen.

Das Gasthaus in Mereldar war an diesem Abend bis auf den letzten Platz gefüllt und deshalb bemerkten wir die hochgewachsene Elfe und den Menschen nicht, die gerade den Raum betreten hatten. Erst als ein Raunen durch die Menge ging, sahen wir von unserem Abendessen auf und bemerkten Alleria und Anduin, die in unsere Richtung blickten. »Da sind sie, seht Ihr?«, rief Alleria und zeigte auf uns, kam daraufhin schnellen Schrittes näher und Ihren Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten. War das … Hoffnung?
»Anduin!«, sagte Rath, stand auf und begrüßte den König von Sturmwind, der auf mich einen seltsam abgekämpften, aber dennoch glücklichen Eindruck machte. Ich hätte ihn ohne Weiteres nicht wiedererkannt, so sehr hatte er sich seit unserer letzten Begegnung verändert. Seine stets schulterlangen blonden Haare waren einem stoppeligen Kopfputz gewichen und er hatte einen Dreitagebart.
Lady Alleria, die um unsere fortwährende Suche nach Khadgar wusste, lächelte voller Freude. »Wir haben ihn gefunden. Er ist am Leben. Khadgar ist am Leben!«
»Oh den Göttern sei Dank!« Mir fiel ein ganzes Gebirge vom Herzen und ich konnte nicht anders, als sie spontan zu umarmen.
»Wie geht es ihm?«, sah Rath die beiden erleichtert an. »Wo ist er?«
»Den Umständen entsprechend. Er wäre fast gestorben …«, der König schluckte und schwieg einen Moment. »Ich … ich konnte ihn wiederbeleben. In letzter Sekunde. Ich dachte, ich hätte diese Fähigkeit vor langer Zeit verloren. Ich dachte nicht, dass ich das schaffe.« Man sah ihm deutlich an, dass ihn das seine ganze Kraft gekostet hatte.
»Bitte, setzt euch zu uns.«, bot ich an, was die beiden dankbar annahmen.
Die Gastwirtin kam und brachte allen eine heiße Suppe und während alle aßen, wurde es eine Weile ruhig am Tisch.
»Er wurde nach Nordend gebracht. Khadgar wollte unbedingt in die Schule zurück. Er sagte, zu der medizinischen Professorin dort hätte er das größte Vertrauen.«, fuhr Anduin fort.
»Professor Mills …«, nickte ich. »Da ist er in wirklich guten Händen.«
»Leider … ist er nicht völlig unversehrt.«, fügte Anduin hinzu und seufzte tief. »Als Dalaran durch die immer größer werdende Arkanblase in tausend Teile gesprengt wurde, hat er sich in reine arkane Energie aufgelöst. Wir wissen noch nicht genau, wie es sich auswirken wird.«
»Wir danken Euch sehr für die guten Nachrichten.«, lächelte mein Liebster. »Wir werden morgen nach Dalaran zurückkehren und ihn besuchen.« Bei diesen Worten sah er mich fragend an und ich nickte.
Es machte mich so froh, das zu hören, dass ich am liebsten jeden im Gasthaus umarmt hätte. Mir war nach Tanzen, mir war nach Fliegen zumute, so leicht war mein Herz mit einem Mal.

Nach unserer Rückkehr nach Dalaran hatten wir noch einige Tage Zeit uns auszuruhen, bevor Professor Whitmoore offiziell den Schulbetrieb wieder aufnahm. Aber am wichtigsten war uns der Besuch bei unserem lieben Freund gleich am Tag nach unserer Rückkehr.
»Er ist noch sehr schwach. Bitte seht nur kurz nach ihm.«, bat uns Professor Mills, als wir ihre heiligen Hallen betreten hatten.
»Selbstverständlich.«, wir nickten ihr kurz zu und betraten Khadgars Krankenzimmer. Er hatte schon jetzt ein üppiges Blumenmeer an seinem Bett stehen, welches wir natürlich noch ein wenig erweiterten.
Er öffnete seine Augen, als wir nähertraten. »Meine Lieben. Ich freue mich, euch zu sehen.« Seine Stimme war schwach, er flüsterte nur. Und genau wie ich damals, versuchte er zu lächeln, ließ es allerdings sehr schnell wieder sein und machte stattdessen ein schmerzverzerrtes Gesicht.
»Mein Freund. Wie geht es dir?« Wrathion zog uns zwei Stühle neben das Krankenbett und wir setzten uns zu ihm.
»Unkraut vergeht nicht. Das siehst du ja.«, flüsterte Khadgar mit einem kurzen Lacher und bekam einen Hustenanfall. »Ich weiß, ihr zwei habt nach mir gesucht. Danke. Ich bin so müde.« Er griff nach Wrathions Hand und drückte sie kurz. Dann fielen ihm die Augen zu und er schlief wieder ein.

Der Alltag hatte mich wieder. Nach all diesem Unheil war die gute alte Schule genau das, was ich jetzt brauchte. Ich steckte meine Nase tief in die Bücher und übte jeden Nachmittag zusammen mit Rath meine Lektionen. Immer wieder liefen wir Hand in Hand ins Krankenzimmer der Schule und sahen nach Khadgar, dem es zunehmend besser ging, auch wenn er seinen alten Humor noch nicht ganz wieder zurückhatte. Ich hoffte sehr, dass diese unglückliche Episode keine weiteren Blessuren hinterlassen hatte, aber Professor Mills hüllte sich nach wie vor in Schweigen.
Es ging jetzt in großen Schritten auf die Weihnachtsferien zu und vorher hatte ich noch für so viele Prüfungen zu lernen, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte. Ich war voll in meinem Element.
»Ich bin mir nicht sicher, wie das ausgesprochen wird …«, runzelte mein Liebster gerade seine Stirn, als er einen Blick auf meine Aufgabe des Tages geworfen hatte, und hielt mir die Buchseite vor die Nase.
Ich wurde davon jäh aus meinen Gedanken gerissen und sah auf. »Das ist … ähm … warte.« Nyra hatte es mir dreimal vorgesprochen, aber es war wie bei den Namen der Aspekte, die wir zur Verschwörung ausgesprochen hatten, ich hatte es mir nicht merken können. Ich kramte in meinem Kopf nach dem Klang des Wortes, aber da war … nichts. Natürlich nicht. Wie immer. Ich seufzte tief.
»Was ist das überhaupt für ein Zauber?«, wollte er, jetzt neugierig geworden, wissen.
»Es ist ein Erdbeben.«, gab ich zurück und kratzte mich am Kopf, weil der Wortklang sich mir immer noch nicht erschließen wollte.
Wrathion hob eine Augenbraue und lächelte. »Du sollst hier im Haus Erdbeben auslösen? Ich sollte mit Nyra ein Wörtchen reden.«
Ich kam nicht dazu, zu antworten, denn plötzlich krümmte er sich zusammen und gab schmerzvolle Laute von sich, als hätte ihn jemand in den Bauch getreten. Ich ließ das Buch fallen, was ich in der Hand gehalten hatte, und war sofort an seiner Seite.
»Was hast du? Hast du was verkehrtes gegessen heute mittag?«, aber er konnte nicht antworten, stattdessen ließ er sich auf die Knie fallen und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Unterleib.
»Schatz, was hast du?«, ich sprach es nicht aus, aber mehr als alles andere machte mir gerade Angst, dass ich seinen Schmerz nicht spürte, wo wir es normalerweise sogar teilten, wenn sich einer von uns an einem Blatt Papier schnitt.
»Ist gleich … wieder gut.«, schnaufte er und atmete danach schon wieder entspannter.
»Du machst mir Angst. Was war das?«
»Ich bin mir nicht sicher.«, gab er keuchend zurück. »In letzter Zeit habe ich das hin und wieder.«
»Du hast das hin und wieder und verlierst kein Wort darüber? Du hast mich gerade zu Tode erschreckt!«, schimpfte ich halbherzig und half ihm, aufzustehen.
»Ich bin eben kein Jungdrache mehr.«, grinste er schief und gab mir einen Kuss. »Danke.«
»Du spinnst ja.«, entfuhr mir ein Lacher. »Bitte erschreck mich nicht noch mal auf diese Weise. Und geh damit mal zu Professor Mills, okay?«
Er nickte und wandte sich wieder meiner unaussprechlichen Aufgabe zu. »Was machen wir damit? Wenn wir das verkehrt aussprechen, stürzt möglicherweise noch die Schule ein …«

Drei Wochen später waren alle Prüfungen endlich Vergangenheit und ich konnte aufatmen. Dank Nyra waren meine Fähigkeiten, mich selbst verteidigen zu können, so viel besser geworden, dass ich mir kaum noch Sorgen darüber machen musste, in einem Kampf die Unterlegene zu sein. Khadgar, dem es inzwischen wieder so gut ging, dass er Scherze machen konnte, witzelte immer, ich würde bald so gut sein, dass ich in der Wache des Königs die Leitung der Kampfmagier übernehmen könne.
Ich sah auf den Einband hinunter, den ich in den Händen hielt und während ich noch überlegte, ob ich ihn für meine Studien über die Weihnachtstage brauchen würde, riss Rath mich aus meinen Gedanken.
»Liebste?«
»Hm?«, sah ich ihn fragend an.
»Bist du sicher, dass du all diese Bücher mitnehmen willst?«, er zeigte auf einen meiner Packsäcke für die Ferien, der in der Ecke stand und bereits randvoll mit Büchern gefüllt war.
Er trat hinter mich und legte seine warmen Hände auf meinen Bauch. »Meinst du wirklich, du wirst Zeit haben, so viele Bücher zu lesen? Ich habe meine Zweifel.«, raunte er hinter meinem Ohr, bevor er meinen Hals mit Küssen bedeckte. Ich lächelte und schloss meine Augen. Warum hätte ich diesen Argumenten auch etwas entgegensetzen sollen?

 

Fortsetzung folgt …

Du kannst hier meinen Newsletter abonnieren, dann bekommst du immer eine Info, wenn ein weiterer Teil von Stormrider veröffentlicht wurde.

Stormrider - Part 113

After we had left Gundargaz behind with no results, we settled down in Mereldar, in Hallowfall. The Arathi had made their home here—humans who had once fled to this place and built a good life, mostly through farming. We stayed everywhere a little longer than necessary, because this region was the most beautiful we had seen down here. A massive crystal spike jutted down from the cave ceiling, which was so far above that you could barely make it out, and it illuminated the scenery like a small sun. As far as the eye could see, there were lush fields, and in between deep ravines with rivers where anglers caught plenty of fish. The most impressive thing, however, was an underground lake whose reach couldn’t be measured. It was actually an underground sea. Here in Hallowfall as well, we flew every day, spoke to countless residents—again without any success. Time was running out; I would soon have to return to school, but I couldn’t bring myself to leave Rath behind with this exhausting and seemingly hopeless search.

The inn in Mereldar was packed that evening, which is why we didn’t notice the tall elf and the human who had just entered the room. Only when a murmur went through the crowd did we look up from our dinner and spot Alleria and Anduin, who were looking our way. »There they are, see?« called Alleria, pointing at us as she quickly approached. I couldn’t interpret the expression on her face. Was that… hope?

»Anduin!« said Rath, standing up and greeting the King of Stormwind, who looked strangely worn but still happy. I wouldn’t have recognized him right away; he had changed so much since our last meeting. His once shoulder-length blond hair was now reduced to stubble, and he had a three-day beard.

Lady Alleria, who knew of our ongoing search for Khadgar, smiled with joy. »We’ve found him. He’s alive. Khadgar is alive!«

»Oh, thank the gods!« A mountain fell off my heart and I couldn’t help but embrace her spontaneously.

»How is he?« Rath asked, visibly relieved. »Where is he?«

»Considering everything, he’s doing all right. He nearly died…« The king swallowed and paused. »I… I was able to bring him back. At the very last moment. I thought I had lost that ability a long time ago. I didn’t think I could do it.« You could see it had cost him every ounce of strength.

»Please, join us,« I offered, and they gladly accepted.

The innkeeper came over and served everyone a hot soup, and for a while, the table was quiet as we ate.

»He was taken to Northrend. Khadgar insisted on going back to the school. He said he trusted the medical professor there more than anyone,« Anduin continued.

»Professor Mills…« I nodded. »Then he’s in truly good hands.«

»Unfortunately… he’s not completely unharmed,« Anduin added with a deep sigh. »When Dalaran was blown to pieces by the growing arcane bubble, he dissolved into pure arcane energy. We don’t yet know what effects that will have.«

»We thank you so much for this good news,« my beloved smiled. »We’ll return to Dalaran tomorrow to visit him.« As he said this, he looked at me questioningly, and I nodded.

It made me so happy to hear this, I felt like hugging everyone in the inn. I wanted to dance, I wanted to fly—my heart felt light again.

 

After our return to Dalaran, we had a few days to rest before Professor Whitmoore officially resumed school operations. But most important to us was visiting our dear friend the very next day.

»He’s still very weak. Please only stay for a short while,« Professor Mills asked as we entered her sacred halls.

»Of course,« we nodded briefly and entered Khadgar’s room. Even now, a sea of flowers surrounded his bed, which we of course added to.

He opened his eyes as we approached. »My dears. I’m so glad to see you.« His voice was weak, barely more than a whisper. And just like I had back then, he tried to smile, but gave up quickly and instead grimaced in pain.

»My friend. How are you?« Wrathion pulled two chairs next to the bed, and we sat with him.

»Weeds never die. As you can see.« Khadgar whispered with a brief chuckle, followed by a coughing fit. »I know you two were looking for me. Thank you. I’m so tired.« He reached for Wrathion’s hand and gave it a short squeeze. Then his eyes closed, and he fell asleep again.

 

Everyday life had me back. After all this disaster, the good old school was exactly what I needed. I buried myself in books and practiced my lessons every afternoon with Rath. Again and again, we walked hand in hand into the school’s infirmary to check on Khadgar, who was slowly recovering, although his old humor had not fully returned. I sincerely hoped this unhappy episode hadn’t left deeper scars, but Professor Mills still kept silent.

Christmas break was approaching fast, and before that, I had so many exams to study for that I didn’t even know where to begin. I was in my element.

»I’m not sure how to pronounce this…« my beloved frowned as he looked over my task of the day and held the book page up to my face.

The question pulled me abruptly from my thoughts and I looked up. »That’s… um… wait.« Nyra had said it to me three times, but it was just like the names of the Aspects we had spoken aloud during the conspiracy—I just couldn’t remember them. I searched my mind for the sound of the word, but there was… nothing. Of course not. As always. I sighed deeply.

»What kind of spell is it anyway?« he asked, now curious.

»It’s an earthquake,« I replied, scratching my head because I still couldn’t recall the pronunciation.

Wrathion raised an eyebrow and smiled. »You’re supposed to cause earthquakes in the house? I need to have a word with Nyra.«

I didn’t have time to reply, because suddenly he doubled over, groaning as if someone had kicked him in the stomach. I dropped the book I had been holding and rushed to his side.

»What’s wrong? Did you eat something bad at lunch?« But he couldn’t answer. He fell to his knees and clutched his abdomen in pain.

»Sweetheart, what is it?« I didn’t say it out loud, but more than anything, I was scared that I couldn’t feel his pain—when normally we’d even share the sting of a paper cut.

»It’ll be… fine in a minute,« he gasped, already breathing more easily again.

»You scared me. What was that?«

»I’m not sure,« he replied, panting. »It’s been happening now and then lately.«

»Now and then? And you didn’t say anything? You scared me half to death!« I scolded half-heartedly and helped him back to his feet.

»I’m not a young dragon anymore,« he grinned crookedly and kissed me. »Thanks.«

»You’re insane,« I said with a laugh. »Please don’t scare me like that again. And go see Professor Mills, okay?«

He nodded and turned back to my unspeakable task. »What do we do with this? If we mispronounce it, the school might collapse…«

 

Three weeks later, all the exams were finally behind me, and I could breathe again. Thanks to Nyra, my self-defense skills had improved so much that I hardly had to worry about being the weaker one in a fight anymore. Khadgar, now well enough to make jokes again, often teased that I’d soon be good enough to lead the battle mages in the king’s guard.

I looked down at the book I held and was still wondering whether I would need it over the holidays when Rath pulled me from my thoughts.

»Beloved?«

»Hm?« I looked at him questioningly.

»Are you sure you want to take all these books with you?« He pointed to one of my travel sacks, which was already bursting with reading material for the break.

He stepped behind me and placed his warm hands on my belly. »Do you really think you’ll have time to read that much? I have my doubts,« he murmured in my ear before covering my neck with kisses. I smiled and closed my eyes. Why should I argue with reasoning like that?

 

To be continued …

You can subscribe to my newsletter here, then you will always be informed when another part of Stormrider has been published.

Die neuesten Blogbeiträge

Nach oben scrollen
a cartoon of a dragon sitting in a grassy field

Stormrider - Newsletter

Verpasse keine weitere Folge von Stormrider und abonniere diesen Newsletter.


Never miss another episode of Stormrider, subscribe to our newsletter.