
Stormrider - Teil 134
Vor drei Tagen hatte ich einen Brief erhalten: Heute würde meine Anhörung vor dem Rat der Kirin Tor stattfinden.
Ich konnte nicht gerade behaupten, dass ich diesem Ereignis freudig entgegensah – aber ich wollte es endlich hinter mich bringen, damit ich dieses Kapitel abschließen konnte.
Es war mir gestattet worden, einen Fürsprecher aus dem Lehrerkollegium mitzubringen.
Deshalb wartete Nyra schon vor den Türen des Schulrates auf mich.
Sie legte mir eine Hand auf die Schulter und sah mich eindringlich an.
»Du schaffst das. Du hast absolut nichts Verbotenes getan.«
Ich bewunderte ihren Optimismus – glaubte ihr aber kein Wort. Ich nickte trotzdem.
Punkt elf Uhr öffneten sich die großen Flügeltüren.
Ein Magier der Kirin Tor trat heraus und sah uns an.
»Teylagosa Blackwing Stormrider?«
»Ja«, bestätigte ich.
»Bitte kommt herein.«
Er trat zur Seite, damit wir eintreten konnten.
Wir durchquerten einen schmalen, hohen Gang aus dunkelgrünem Marmor.
Dahinter folgte der eigentliche Ratssaal – ebenfalls aus Marmor, diesmal jedoch in schwarz-weißen Mustern, die sich dem Auge wie fließende Linien darboten.
Direkt gegenüber des Eingangs saß der Schulrat der Kirin Tor – nebeneinander wie ihre eigenen Statuen, hinter einem hochglanzpolierten Tisch aus schwarzem Stein.
Ich kannte nicht alle namentlich, aber ich wusste, dass Khadgar als Schulleiter die leitende Position innehatte.
Er saß in der Mitte der Gruppe. Sein Blick war undefinierbar.
Links von ihm saßen zwei Frauen – eine Leerenelfe und eine Menschenfrau.
Rechts: ein finster dreinblickender Zwerg und ein blonder Blutelf, der eifrig in einem Stapel Papiere wühlte. Erst als Nyra und ich genau vor dem Tisch zum Stehen kamen, sah er auf.
»Bitte, setzt euch«, sprach mich die Menschenfrau freundlich an.
Wir setzten uns. Und wenn ich vorher schon nervös gewesen war, dann hatte ich jetzt buchstäblich weiche Knie.
Ich erwartete das Schlimmste.
Khadgar wandte sich zur Seite. »Liria, wollt Ihr beginnen?«
Die Leerenelfe nickte, räusperte sich und sah mich an.
»Teylagosa Blackwing Stormrider. Ihr seid Schülerin dieser Schule im …«
Sie blickte zum Blutelfen. Er flüsterte ihr etwas zu.
»… letzten Jahr an unserer Schule. Ihr werdet beschuldigt, euch mit Dämonenmagie eingelassen und diese im Unterricht von Professor Whitmoore angewandt zu haben. Es gibt mehrere Zeugen, die das bestätigen. Was habt Ihr dazu zu sagen?«
Ich atmete tief ein und aus – wie ich es mir fest vorgenommen hatte.
»Diese Aussage ist falsch, Professor. Ich bin eine Thal’Sharan. Kein Hexenmeister.«
Liria sah zu Khadgar. Er nickte ihr zu.
Die Menschenfrau sprach als Nächste. »Könnt Ihr dem Rat erklären, was ein Thal’Sharan ist?« Sie klang erstaunlich neugierig – nicht vorwurfsvoll.
Ich nickte. »Wir Thal’Sharan sind zwar Beschwörer – aber wir beschwören keine Dämonen«, begann ich ruhig. »Wir beschwören und kanalisieren spezielle Magie. Und wenn wir darin eine bestimmte Perfektion erreichen, schließt sich uns ein Begleiter aus freien Stücken an.
Er wird Vel’Kharon genannt. Thal’Sharan und Vel’Kharon schwören sich gegenseitig die Treue im Kampf, durch einen Blutschwur.
Der Begleiter hat seine eigene Magie und nutzt sie, um Herausforderungen gemeinsam mit seinem Partner zu meistern. Unsere Magien verbinden sich – was uns zusammen eine enorme Durchschlagskraft verleiht.«
»Ich danke Euch«, sagte die Frau freundlich und ihr Gesichtsausdruck verriet Erstaunen.
Khadgar wandte sich an den Zwerg: »Grimgor, Ihr hattet ebenfalls eine Frage?«
»Sicher, Schulleiter«, antwortete der Angesprochene und sah zu mir. »Euer Begleiter – ist er also kein Dämon?«
Bis eben war alles erstaunlich gut verlaufen – aber jetzt wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Genauer gesagt: Ich wusste es selbst nicht genau. Nathiel hatte mir nur Bruchstücke über sich erzählt.
Ich setzte zu einer Erklärung an – da tauchte Nathiel plötzlich neben mir auf.
Er driftete in die Sichtbarkeit, wie aus dem Nichts – ganz in elegantem Schwarz, noch feiner als sonst.
Heute trug er sogar einen kleinen Zylinder und hatte einen Gehstock mit silbernem Knauf, der im magischen Licht des Saales schimmerte.
»Ich bitte um Entschuldigung, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Wie unhöflich von mir.«
Er verbeugte sich anmutig, lächelte spitzbübisch.
»Mein Name ist Nathaniel Dravenheart. Ich bin der Vel’Kharon von Prinzessin Blackwing Stormrider. Ich dachte mir, ich könnte diese Frage vielleicht eingehender beantworten als meine Thal’Sharan.«
Alle im Raum – mich eingeschlossen – zuckten zusammen und der ganze Schulrat starrte Nathiel an, als hätte sich ein Geist materialisiert.
»Ah ja«, murmelte Grimgor, nachdem er sich gefasst hatte. »Nun – dann seid doch bitte so nett und klärt uns auf.«
»Deswegen bin ich hier«, sagte Nathiel freundlich.
»Mein Volk nennt sich die Shadreth. Wir leben sehr zurückgezogen. Haben wir dämonische Wurzeln? Möglich. Viele Völker Azeroths oder der Schattenlande haben entfernte Verbindungen. Aber wir stehen den Drachen näher als den Dämonen.
Wir sind Weltengänger – wir brauchen keine Portale, nur eine Verbindung. Unsere Magie ist anders. Archaischer. Roh. Nicht so elegant wie die Eure – wenn ich das sagen darf.« Er lächelte. »Irgendwann entdeckten unsere Ahnen, dass wir mit der Magie der Drachenmagier perfekt harmonieren. So entstand die Verbindung zwischen Shadreth und Drachen. Ich hoffe, das beantwortet Eure Frage in ausreichendem Maße?«
Der Zwerg legte die Stirn in Falten, nickte aber.
»Marcus?«, fragte Khadgar.
»Ich … ich habe keine Fragen. Alles schon beantwortet«, stammelte der Blutelf und schrieb hastig weiter – offenbar war er Protokollführer.
»Nun …«, begann Khadgar – den Teil, vor dem ich am meisten Angst hatte.
Fortsetzung folgt …
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Stormrider - Part 134
Three days ago, I had received a letter: today would be my hearing before the Kirin Tor council.
I couldn’t exactly say I was looking forward to it—but I just wanted to get it over with and close this chapter once and for all.
I had been granted permission to bring an advocate from the faculty.
That’s why Nyra was already waiting outside the council chamber for me.
She placed a hand on my shoulder and looked at me intently.
»You’ve got this. You’ve done absolutely nothing wrong.«
I admired her optimism—but didn’t believe a word of it.
I nodded anyway.
At exactly eleven o’clock, the great double doors opened.
A mage of the Kirin Tor stepped out and looked at us.
»Teylagosa Blackwing Stormrider?«
»Yes,« I confirmed.
»Please come in.«
He stepped aside to let us enter.
We walked down a narrow, high corridor of dark green marble.
At the end was the council chamber itself—also marble, but in flowing black-and-white patterns that shimmered before the eye.
Directly across from the entrance sat the Kirin Tor council—lined up like statues of themselves behind a highly polished table of black stone.
I didn’t know them all by name, but I did know that Khadgar, as the headmaster, held the leading position.
He sat in the center of the group, his expression unreadable.
To his left were two women—a void elf and a human.
To his right: a dwarf with a grim expression and a blond blood elf who was rifling through a stack of papers. Only when Nyra and I came to stand directly in front of the table did he look up.
»Please, have a seat,« said the human woman kindly.
We sat down. And if I’d been nervous before, I was now downright weak in the knees.
I braced myself for the worst.
Khadgar turned to the side.
»Liria, would you like to begin?«
The void elf nodded, cleared her throat, and looked at me.
»Teylagosa Blackwing Stormrider. You are a student at this school in your…«
She glanced at the blood elf. He whispered something to her.
»… final year at our academy. You are accused of engaging in demonic magic and having used it during Professor Whitmoore’s class. There are several witnesses confirming this. What do you have to say for yourself?«
I took a deep breath in and out—just as I had planned.
»That statement is false, Professor. I am a Thal’Sharan. Not a warlock.«
Liria looked to Khadgar. He gave her a slight nod.
The human woman spoke next.
»Can you explain to the council what a Thal’Sharan is?«
She sounded surprisingly curious—not accusatory.
I nodded.
»We Thal’Sharan are indeed summoners—but we do not summon demons,« I began calmly.
»We summon and channel a specific type of magic. And once we reach a certain level of perfection in it, a companion joins us of their own free will.
He is called a Vel’Kharon. Thal’Sharan and Vel’Kharon swear loyalty to one another in battle through a blood pact.
The companion possesses his own magic and uses it to help face challenges alongside his partner. Our magics intertwine—granting us extraordinary power as a duo.«
»Thank you,« said the woman kindly, and her expression showed genuine surprise.
Khadgar turned to the dwarf.
»Grimgor, you also had a question?«
»Indeed, Headmaster,« the dwarf replied and looked at me.
»Your companion—he’s not a demon, then?«
Until now, everything had gone surprisingly well—but I didn’t know what to say to this.
More accurately—I didn’t know the answer myself. Nathiel had only told me fragments about who he really was.
I was about to reply—when Nathiel suddenly appeared next to me.
He drifted into view as if out of thin air—dressed all in elegant black, even finer than usual.
Today, he even wore a small top hat and carried a walking cane with a silver handle that shimmered in the magical light of the chamber.
»I must apologize for not introducing myself earlier. Quite rude of me.«
He gave a graceful bow, smiling with that mischievous glint in his eyes.
»My name is Nathaniel Dravenheart. I am the Vel’Kharon of Princess Blackwing Stormrider. I thought I might be able to answer that question more thoroughly than my Thal’Sharan.«
Everyone in the room—including me—flinched. The entire council stared at Nathiel as if a ghost had materialized before them.
»Ah, yes,« Grimgor muttered once he’d collected himself.
»Well—then please do enlighten us.«
»That’s why I’m here,« Nathiel said pleasantly.
»My people are called the Shadreth. We live in seclusion. Do we have demonic roots? Possibly. Many peoples of Azeroth—or the Shadowlands—have distant connections. But we are more closely tied to dragons than demons.
We are realmwalkers—we don’t need portals, only a bond. Our magic is different. More archaic. Raw. Not as refined as yours—if I may say so.«
He smiled.
»At some point, our ancestors discovered that our magic harmonizes perfectly with that of the dragonmages. And that’s how the bond between the Shadreth and the dragons came to be. I hope that answers your question sufficiently?«
The dwarf furrowed his brow but nodded.
»Marcus?« Khadgar asked.
»I… I have no further questions. Everything’s been answered,« the blood elf stammered, scribbling furiously—he was clearly the one taking minutes.
»Well then…« Khadgar began—the part I had feared the most.
To be continued …
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