Stormrider - Teil 126

All das erzählte mir Nathiel an jenem ersten Abend bei einem heißen Kakao in Indras Gasthaus, wo ich vor gefühlten Jahrhunderten auf ähnliche Weise mit meinem Lieblingsdrachen gesessen hatte. Es brachte ein Stück Normalität zurück in meine Welt, was ich gerade jetzt am wenigsten erwartet hätte.
»Wie kommst du gerade auf mich?«, wollte ich gerade neugierig von ihm wissen, als uns Indra Stücke von ihrem herrlichen Kuchen servierte.
»Nun, mein letzter Dienst für einen Thal´Sharan ist schon Jahrhunderte her. Ich zog es seither vor, im Verborgenen zu verweilen. Allerdings hörte ich letztens von einer drachischen Zauberin, die dringend die Hilfe eines Profis braucht …« Er breitete seine Arme aus und lächelte charmant. »Und da bin ich.«
»Ich wusste nicht, dass sich meine Geschichte so sehr verbreitet hat. Aber ich danke dir für dein Angebot.«, nippte ich an Indras vorzüglichem Kakao.
»… das du auf keinen Fall ablehnen solltest.«, betonte er und fügte mit einem Zwinkern hinzu, »Denn ich weiss, wo er ist.«
»Du weißt ..??«, riss ich die Augen auf, stellte meine Tasse mit einem leisen Klirren auf der Untertasse ab und durchbohrte mit ihn mit meinem Blick. »Wo? Wer hat das getan? Und warum? Wie kann ich …?«
»Langsam, meine Liebe. Nicht so viele Fragen auf einmal.«, grinste er und schob sich genüsslich eine Gabel Kuchen in den Mund. »Hmmm, wirklich ausgezeichnet.«
»Aber ich muss wissen, wo er ist!«, flehte ich ihn an.
»Das wirst du. Es gibt nur noch eine winzige Kleinigkeit, bevor ich diese Frage beantworten werde. Also sag mir: wirst du meine Dienste annehmen?«, fixierte er mich mit durchdringendem Blick.
»So wie du das aussprichst klingt es wie ein teuflischer Pakt mit Gul´Dan.«, lächelte ich nervös. »Aber ja. Ich werde deine Dienste gerne annehmen.«
»So möge es sein.«, schmunzelte er und sah sich im Raum um. Niemand sonst war außer uns hier und die Gastwirtin war nirgends zu sehen.
Er zog sein Jackett aus und hängte es ordentlich hinter sich über den Stuhl. Dann setzte er sich wieder, öffnete seine Manschettenknöpfe und krempelte seinen linken Ärmel hoch. Auch am Arm hatte er dieselben dunkel glänzenden Schuppen, wie ich sie zuvor schon an seinem Hals bemerkt hatte.
»Es muss ja nicht sein, dass ich mir meinen teuren Anzug ruiniere.«, grinste er mit entschuldigender Miene und zog ein Messer hervor. »Gib mir deinen Arm. Bitte.«
Ich wusste, was jetzt folgte, denn der bindende Schwur zwischen uns würde mit Blut besiegelt werden, darauf hatte mich Nyra schon vorbereitet.
Er machte einen schnellen Schnitt oberhalb meiner Hand und es tat kurz weh, allerdings nicht zu sehr.
Dann ritzte er sich mit einem schnellen Schnitt an derselben Stelle in seinen Arm und wir umfassten gegenseitig unsere Unterarme, damit sich unser Blut mischen konnte, und wir sahen uns dabei unverwandt in die Augen.
»Vel´karash, Teylagosa. Mein Flug folgt deinem Willen, meine Flamme deinem Zorn.«, rezitierte Nathiel den uralten Schwur der Schattenflammen.
Ich antwortete mit meinem Teil, den mir Nyra praktischerweise so lange ins Gehirn gehämmert hatte, dass ich ihn jetzt auswendig kannte: »Vel´Sharan, Nathaniel. Ich diene dir mit Feuer, du führst mich mit Licht.«
»Valorith. So möge es bleiben.«, sagten wir beide zusammen und lächelten. Der Schwur war besiegelt, ich war nun eine Thal´Sharan, die ihren Begleiter gerade mal drei Stunden kannte. Aber das war mir gleich, denn aus irgendeinem Grund, der mir nicht ganz klar war, vertraute ich Nathiel völlig. Es gab nur noch den Weg nach vorn, den Weg des Zorns, hin zu meinem Geliebten und seiner Rettung.

»Das wurde auch Zeit.«, feixte Nyra, als ich nach Hause kam. Natürlich sah sie mir an, dass mich meine Schattenflamme gefunden hatte. Was auch sonst, dachte ich mir und seufzte.
»Es ist Nathiel, oder?«, kam Carla auf mich zugestürmt, umarmte mich und lachte. »Es muss einfach Nathiel sein, denn er wollte soo viel über dich wissen.« Und so leise das ich es gerade noch verstehen konnte, fügte sie noch hinzu: »… und er ist echt heiß.«
»Ich bezweifle, dass ich vor Euch irgendetwas geheimhalten könnte.«, lachte ich. Dann setzte ich mich und erzählte ihnen, wie mich meine Schattenflamme gefunden hatte.

Es war nicht so, dass Nathiel mir fortan dauerhaft auf Schritt und Tritt folgen würde, vielmehr hatte er durch unseren Blutschwur einen direkten Draht zu mir und wusste genau, wann ich seine Unterstützung brauchen würde.
Als ich nach unserem Schwur seufzend im Café darüber gerätselt hatte, wie ich jetzt bloß seine Anwesenheit in der Schule erklären sollte, hatte er laut gelacht und erklärte, dass ihn niemand außer mir sehen würde, wenn er das nicht wollte.
Aber das Wichtigste hatte er mir gleich nach unserem Gelöbnis anvertraut.
Ihm zufolge war mein geliebter Drache in den Schattenlanden. Genauer gesagt wurde er in einem der finstersten Verliese im Schlund gefangengehalten. Von Ravina, die gemeinsam mit Xal´atath und ihrer gesamten Armee von üblen Gesellen dort ihren Unterschlupf gefunden hatte. Das erklärte die düstere Atmosphäre in meinem Traum. Und das erklärte ebenso, warum Nyra immer vermutet hatte, wir hätten selbst mit dem ganzen Gefolge aus Dalaran keinerlei Chance, ihn zu retten. Niemand kam dort unbemerkt hinein. Denn im Schlund funktionierte normale Magie nicht wirklich.
Der Kerkermeister, der sehr lange der Herr über diese Lande gewesen war, hatte dies zu verhindern gewusst. Und obwohl er selbst schon längst nicht mehr zugegen war, blieb doch der Bann über die Magie fortbestehen.
Die Vermutung lag nahe, Xal´atath wusste um diesen Umstand sehr genau Bescheid, als sie diesen Standort als Basis auswählte.
Es war dagegen allerdings sehr unwahrscheinlich, dass sie die Geschichten um uns Thal´Sharan kannte und dass sie wusste, dass unsere Magie den Beschränkungen des Schlunds nicht unterlag. Nicht mal die meisten meiner Artgenossen wussten über uns Bescheid. Wir waren über die Jahrtausende ein Mythos geworden, über den kaum noch jemand sprach. Soweit es mir bekannt war, gab es zudem kaum noch schriftliche Überlieferungen über unsere Art der Magie.

 

Fortsetzung folgt …

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Stormrider - Part 126

All of this Nathiel told me on that first evening over a cup of hot cocoa at Indra’s inn — the very same place where, what felt like centuries ago, I had once sat with my favorite dragon in much the same way. It brought a sense of normalcy back into my life — something I least expected at that moment.
»Why me, though?«, I asked curiously just as Indra served us slices of her delicious cake.
»Well, it’s been centuries since I last served a Thal’Sharan. I’ve preferred to remain in the shadows ever since. But recently, I heard about a certain draconic sorceress in need of professional help…« He spread his arms and gave me a charming smile. »And here I am.«
»I didn’t realize my story had spread that far. But thank you for your offer,« I said, sipping Indra’s superb cocoa.
»…which you really shouldn’t refuse,« he emphasized, adding with a wink, »Because I know where he is
»You know…??« My eyes widened. I set my cup down with a soft clink and stared him down. »Where? Who did this? And why? How can I—?«
»Easy, love. One question at a time,« he grinned and leisurely took a bite of cake. »Mmm, truly excellent.«
»But I need to know where he is!« I pleaded.
»And you will. There’s just one tiny little thing before I answer that. So tell me: will you accept my services?« He fixed me with a piercing gaze.
»You make it sound like a devil’s pact with Gul’dan,« I said with a nervous smile. »But yes. I gladly accept your services.«
»So be it,« he said with a smirk, glancing around the room. No one else was there, and the innkeeper was nowhere in sight.

He took off his jacket and neatly draped it over the back of the chair. Then he sat down again, unfastened his cufflinks, and rolled up his left sleeve. His arm, like his neck, was covered in those dark, gleaming scales I had noticed earlier.
»No need to ruin an expensive suit,« he said with a wry grin and pulled out a small knife. »Give me your arm. Please.«
I knew what came next — the binding oath between us would be sealed in blood. Nyra had already prepared me for it.
He made a quick cut just above my hand. It stung briefly, but not too badly.
Then he sliced his own arm in the same spot and we clasped forearms, letting our blood mix as we held each other’s gaze.

»Vel’karash, Teylagosa. My flight follows your will, my flame your fury,« Nathiel recited the ancient oath of the Shadowflames.
I answered with my part — one that Nyra had drilled into my brain until I knew it by heart: »Vel’Sharan, Nathaniel. I serve you with fire, you guide me with light.«
»Valorith. So shall it remain,« we said together, smiling. The oath was sealed. I was now a Thal’Sharan — bonded to a companion I had known for barely three hours.
But I didn’t care. For some reason I couldn’t quite explain, I trusted Nathiel completely. There was only one way forward now — the path of fury, leading to my beloved and his rescue.

»It’s about time,« Nyra grinned when I came home. Of course, she could tell right away that my Shadowflame had found me. What else was new? I sighed.
»It’s Nathiel, isn’t it?« Carla ran up to me and hugged me, laughing. »It has to be Nathiel — he wanted to know so much about you.« And then, so quietly I could barely hear her, she added: »…and he’s seriously hot.«
»I doubt I’ll ever be able to keep anything from you two,« I laughed. Then I sat down and told them how my Shadowflame had found me.

It wasn’t that Nathiel would now follow me around constantly. Rather, our blood oath gave him a direct link to me — and he would know precisely when I needed his support.
When I had sighed after the oath, wondering how on Azeroth I was going to explain his presence at school, he had laughed and said that no one would see him unless he wanted to be seen.
But the most important thing — the one he had shared with me right after the oath — was this:
According to him, my beloved dragon was in the Shadowlands. More precisely, he was being held prisoner in one of the darkest dungeons of the Maw.
By Ravina, who had taken refuge there along with Xal’atath and her entire band of vile accomplices.
That explained the oppressive atmosphere in my dream. And it also explained why Nyra had always suspected that not even the full force of Dalaran could rescue him.
No one entered the Maw unnoticed. Normal magic didn’t really work there.

The Jailer, who had ruled those lands for a very long time, had ensured it. And though he was long gone now, the magical suppression he had created remained in place.
Chances were high that Xal’atath had known this when she chose that place as her base of operations.
But it was equally unlikely that she knew about the existence of the Thal’Sharan — and that our kind of magic was unaffected by the Maw’s constraints.
Most of my own kin didn’t even know about us anymore. Over the millennia, we had become a myth, barely spoken of.
As far as I knew, there were hardly any written records left about our magic.

 

To be continued …


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