Stormrider - Teil 123

»Kann es nicht sein, dass diese Tradition mittlerweile ausgestorben ist, und es gar keine solchen Schattenflammen mehr gibt?«
»Sicher. Dieser Schinken ist uralt. Ich weiß nicht mal, wie alt genau. Alles ist möglich. Aber das sollte uns nicht davon abhalten, es zu versuchen. Denn wir brauchen diese Hilfe wirklich dringend. Was denkst du?«
Ich nickte, langsam. »Okay. Wir unterwerfen niemanden.«
»Nein, natürlich nicht, Dummchen. Sehe ich aus wie ein Hexenmeister, oder was?«, grinste sie plötzlich wieder und ich atmete auf.
Sie ging zum Tisch und holte einen weiteren Band hervor, der ebenfalls antik zu sein schien. »Hier drin finden wir alles, was wir lernen müssen, um uns den Feinden erfolgreich zu stellen, wenn es nötig wird. Morgen fangen wir an.«

Waren meine Tage vorher schon vollgepackt mit Aktivitäten gewesen, setzte das gemeinsame Lernen mit Nyra an jedem Abend dieses Sommers meinem vollen Tagesplan noch die Krone auf. Die Zauber, die wir zu lernen hatten, waren von gänzlich anderer Natur, als die die ich in meiner guten alten Schule lernte. Und Nyra forderte stets volle Konzentration von mir. Nicht mehr und nicht weniger. Müdigkeit ließ sie ebenso wenig als Ausrede gelten, wie ein „Ich kann nicht“. Und so lernten wir zwei alles, was in den alten Schriften zu finden war. So lange, bis wir all das im Schlaf konnten.
Als das Ende des Sommers kam, wurde Nyra von ihrer Schattenflamme gefunden, einem kleinwüchsigen Mädchen namens Carla mit spitzen Ohren und kurzen dunklen Drachenhörnern, die aus ihrem langen violetten Haar herausragten. Sie hatte ein ansteckendes Lächeln und war stets zu Scherzen aufgelegt. Also das genaue Gegenteil von Nyra. Dennoch verstärkte Carla Nyras magische Fähigkeiten auf so immense Weise, dass ich mir nicht sicher war, ob die beiden nicht zusammen in der Lage gewesen wären, mit einem einzigen Wort eine ganze Stadt in die Luft zu sprengen. Und dachte ich zuerst noch, dass ich ja nun bald an der Reihe wäre, von meiner Schattenflamme gefunden zu werden, geschah dennoch gar nichts. Niemand machte Anstalten, meine Schattenflamme sein zu wollen. Es war entmutigend.

Nach den Sommerferien begann mein letztes Schuljahr in Dalaran und ich wusste, dass ich künftig auf der Hut sein musste. Ich war zwar ohne Schattenflamme noch keine vollständige Beschwörerin – die drachische Tradition nannte uns Thal´Sharan – geworden, dennoch kannte ich mittlerweile viele der alten Zauber, die weit über dem Können lagen, zu dem ich auf meinem jetzigen Wissensstand in der Lage sein sollte. Die Regeln der Kirin Tor waren in diesem Fall eindeutig und ich wollte es auf keinen Fall riskieren, von der Schule zu fliegen, wie es zuvor der armen Aviana widerfahren war.
Ich hatte zwar nach wie vor Nyra in der Schule an meiner Seite, aber eine einzige unbedachte Handlung konnte mich dennoch in Erklärungsnot bringen, was ich unbedingt zu vermeiden hatte. Nyra und ich operierten aus dem Verborgenen heraus und so sollte es auch bleiben.
Nach wie vor suchte sie insgeheim nach Antworten, was aus meinem Liebsten geworden war. Bislang war sie jedoch nur mit sehr dürftigen Ergebnissen dafür belohnt worden. Der Anwohner, der den Drachen angeblich hatte stürzen sehen, war und blieb unauffindbar und am See selbst hatten wir bei einem weiteren Besuch keine Hinweise für egal welche Theorien gefunden.
Der Herbst kam und mit ihm die Ernüchterung, dass ich auf einen Status gehofft hatte, der mir nicht gewährt wurde. Denn ohne eigene Schattenflamme hatte meine neue Magie nur einen Bruchteil ihrer eigentlichen Kraft und somit wäre ich für unseren Kampf nutzlos.
Ich begann, mich während des Unterrichts zunehmend zu langweilen, weil ich all das, was gelehrt wurde schon längst auf eine andere, viel effektivere Art beherrschte, dadurch wurde ich immer genervter und meine Gedanken schweiften regelmäßig von der magischen Arbeit ab. Die ganze Zeit musste ich mich ausbremsen, mich beherrschen nicht meine eigenen, wesentlich besseren Zauber zu verwenden, statt derer, die ich lernen sollte und nach einer Weile kam ich mir wie ein notorischer Lügner vor, der immer auf der Hut sein musste, damit seine Lügen nicht auffliegen.

Und hatte ich meine Lerngruppe zuvor wirklich geliebt, weil sie mich in so kurzer Zeit wieder auf den Stand der Dinge gebracht hatte, erwischte ich mich jetzt immer öfter dabei, das Ganze als Zeitverschwendung zu empfinden. Am liebsten hätte ich meine Beteiligung abgesagt, aber das hätte zu unangenehmen Fragen geführt, also biss ich in den sauren Apfel und nahm weiterhin daran teil. Dass mich Malia als Störenfried empfand – sie sagte das nie direkt, aber machte auch keinen Hehl daraus, dass sie mich dort nicht haben wollte – machte das Ganze nicht einfacher. Hatte sie mich anfangs noch in Ruhe gelassen, stichelte sie jetzt fast bei jeder Zusammenkunft gegen mich und suchte nach Fehlern, die sie mir vorwerfen konnte. Meist schaffte ich es, ihr keine Angriffsfläche zu bieten, dennoch versuchte sie es immer weiter. Die Einzige die mich wirklich motivierte, weiter dort hinzugehen, war und blieb Nila.
Während Nyra mit ihrer Schattenflamme also täglich ihre neue gemeinsame Magie praktizierte und sich auf diese Weise perfekt auf unsere geplante Rettungsaktion vorbereiten konnte, fühlte ich mich zunehmend ausgelaugter und müder. Nach wie vor hatte ich keine Schattenflamme und nach wie vor musste ich normal funktionieren, damit niemand bemerken konnte, was wir beide insgeheim planten.
Jeden Nachmittag kehrte ich ins azurblaue Gebirge zu Oma und meinen Kleinen zurück. Inzwischen hatte sich auch Shaddy ein Antlitz gewählt, dass dem von Leah fast glich und als ich an diesem Tag zu Hause ankam, waren die beiden vor der Haustür mit Ballspielen beschäftigt.
»Ich muss mich hinlegen, ich bin hundemüde.«, verkündete ich gähnend, schlich hinauf in mein Zimmer und legte mich schlafen.

 

Fortsetzung folgt …

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Stormrider - Part 123

»Couldn’t it be that this tradition has died out by now, and there just aren’t any Shadowflames left?«
»Sure. This old tome is ancient. I don’t even know how old exactly. Anything’s possible. But that shouldn’t stop us from trying. Because we really, really need this help. What do you think?«
I nodded slowly. »Okay. We don’t enslave anyone.«
»Of course not, silly. Do I look like a warlock or what?« she grinned suddenly, and I let out a breath of relief.
She went to the table and pulled out another volume that also looked antique. »In here, we’ll find everything we need to learn to face our enemies successfully—when the time comes. We’ll start tomorrow.«

If my days had already been packed before, the evenings spent studying with Nyra during that summer topped it all.
The spells we had to learn were of a completely different nature than anything I studied at my good old school. And Nyra always demanded full focus from me. Nothing more, nothing less. She didn’t accept tiredness as an excuse, nor an »I can’t.« So the two of us learned everything those old texts had to offer. Until we knew it all by heart.

By the end of summer, Nyra was found by her Shadowflame—a tiny girl named Carla with pointed ears and short, dark dragon horns peeking from her long violet hair. She had a contagious smile and was always joking—pretty much Nyra’s opposite. Still, Carla enhanced Nyra’s magical abilities so tremendously that I wasn’t sure the two of them couldn’t blow up an entire city with a single word.
At first, I thought I’d be next. That soon my Shadowflame would find me too. But nothing happened. No one stepped forward to become mine. It was disheartening.

After summer break, my final school year in Dalaran began, and I knew I had to stay alert.
I wasn’t a full summoner yet—what the draconic tradition called Thal’Sharan—since I didn’t have a Shadowflame of my own. Still, I now knew many of the old spells, far beyond the level someone at my stage of training should be able to handle.
The rules of the Kirin Tor were crystal clear in that regard, and I couldn’t risk getting expelled, the way poor Aviana had.

I still had Nyra by my side at school, but one careless move could force me into explanations I couldn’t give. Nyra and I operated in secret—and it had to stay that way.
She still searched for answers about what had really happened to my beloved. So far, she’d only found a few scraps of information.
The witness who had supposedly seen the dragon fall remained missing. And another visit to the lake had turned up no clues, no matter what theory we chased.

Autumn came—and with it, the disappointment that the status I’d hoped for wasn’t granted to me.
Without a Shadowflame, my new magic was only a fraction as powerful as it should have been. Which meant I’d be useless when it came time to fight.
During class, I grew more and more bored. I already knew everything being taught—just better, in more effective ways. It made me restless, and my thoughts kept drifting.
I constantly had to stop myself from using my own, far superior spells instead of the ones I was supposed to learn.
After a while, I started to feel like a compulsive liar, always trying not to get caught in my web of secrets.

I’d once loved our study group because they’d helped me catch up so fast. But now I found myself thinking more and more that it was a waste of time.
I wanted to quit, but that would have led to awkward questions, so I bit the bullet and kept going.
The fact that Malia clearly saw me as a nuisance didn’t help—she never said it outright, but she made no secret that she didn’t want me there.
At first she’d left me alone, but now she picked at me during every session, looking for mistakes she could call out.
Most of the time, I gave her no opening. Still, she kept trying.
The only one who truly motivated me to stay was Nila.

While Nyra practiced daily with her Shadowflame and prepared herself perfectly for our planned rescue mission, I felt more and more drained and exhausted.
I still had no Shadowflame. I still had to function like everything was normal, so no one would suspect what we were secretly planning.

Every afternoon, I returned to the azure mountains, back to Grandma and my little ones.
By now, Shaddy had chosen a humanoid appearance that closely resembled Leah’s. And when I got home that day, the two of them were outside playing ball in front of the house.
»I need to lie down. I’m dead tired,« I yawned, dragged myself upstairs to my room, and went to sleep.

 

To be continued …

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a cartoon of a dragon sitting in a grassy field

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