
Stormrider - Teil 102
»Ich bin froh, dass es anders gekommen ist. Erst jetzt erkenne ich, wie einsam ich tatsächlich war, bevor ich dich getroffen habe.« Er sah mich bei diesen Worten so liebevoll an, dass mir warm wurde.
Dennoch trübte sich mein Herz bei der Vorstellung, die er so lebhaft beschrieben hatte, und ich seufzte tief.
»Es bricht mir das Herz, was du da erzählst. Es macht mich so traurig, dass du so unschuldig allein warst. So viel Schuld deines Großvaters auf dein Herz geladen hast – völlig sinnlos. Ich weiß nicht, wie ich das an deiner Stelle überstanden hätte. Ob ich das überhaupt überstanden hätte.«
Ein Kloß schnürte mir die Kehle zu. Ich konnte nicht weitersprechen.
Er legte seinen Arm um mich, zog mich fest an sich und küsste mich auf die Stirn.
»Es ist Vergangenheit«, sagte er sanft. »Den Göttern sei Dank, ist es Vergangenheit. Du bist jetzt meine Familie. Du – und Anelia, Sam, Fiona, Nyra …«
Er lächelte, legte seine warme Hand zärtlich auf meinen Bauch.
»Und du da drinnen auch.«
Nirvana holte mich auf der Treppe ein. »Da bist du ja wieder!«, umarmte sie mich freudig. Sie war die letzten Tage außerplanmäßig im Ardenwald gewesen, und ich hatte sie seit dem Ende des Vaelithar nicht gesehen.
»Hey Nirv. Alles gut?« Ich drückte sie vorsichtig – sie war so zart, dass man Angst haben musste, sie zu zerdrücken.
»Ja, jetzt wieder.« Sie grinste. »Ich war ziemlich durch den Wind wegen der ganzen Sache mit Rodney. Aber das ist vorbei.«
Sie ließ ihren Blick über mich wandern – und bekam große Augen.
»Oh!«
»Oh?«, fragte ich irritiert. Hatte ich etwas übersehen?
»Es ist nur …«, sie sah mich verwundert an, »ich nehme da jemanden wahr. In dir. Einen Drachen.« Sie lächelte entschuldigend, als hätte sie mich damit beleidigt.
Ich kicherte. »Das ist der Normalzustand nach dem Vaelithar, Nirv. Wir haben bereits von ihr geträumt.«
Sie schüttelte verwirrt den Kopf. »Sie? Nein. Ich spüre … einen Drachen.«
»Genau. Was du wahrnimmst, ist wahrscheinlich unsere Tochter.« Ihre feinen Sinne erstaunten mich immer wieder.
»Nein. Ich sage doch … es ist kein Mädchen. Es ist ein Junge. Ein männlicher Drache.« Sie lächelte. »Er ist so klein. Und er liebt dich wirklich sehr.«
Mir blieb der Mund offen stehen. Bislang waren wir überzeugt gewesen, eine Tochter zu erwarten. »Bist du dir wirklich sicher?«
»Ja, ganz gewiss. Aber …« Sie runzelte die Stirn.
»Was denn?«, fragte ich. Ihr Zögern verunsicherte mich mehr, als ich zugeben wollte.
»Es ist, als wäre er gleichzeitig wach und doch schlafend. Als wäre er zweimal da. Er überlagert sich mit sich selbst. Das ist … komisch.«
Sollten wir in unseren Träumen so falschgelegen haben?
»Hmmm.« Ich wusste nichts Besseres zu sagen.
Doch Nirvana lächelte wieder, strahlte mich förmlich an.
»Es geht ihm gut. Ein winziges Welpchen, das nur aus Liebe besteht.«
Ihre Liebe zu allen Lebewesen war ungebrochen.
»Danke«, erwiderte ich mit einem Lächeln.
»Oh!«, rief sie plötzlich entsetzt. »Ich muss los! Verdammt, ich komme zu spät zu meinem Mentor.« Und schon war sie fort, eilte mit weiten Schritten die Wendeltreppe hinunter.
Den Rest des Tages war ich wie im Nebel. Was in der nächsten Stunde behandelt wurde, was in der danach – es ging völlig an mir vorbei. Mechanisch führte ich die Übungen aus, doch meine Gedanken waren woanders.
Zuhause angekommen, stand ich immer noch grübelnd mitten im Raum, als Wrathion von seiner Lektüre aufsah.
»Was hast du?«
Ich erzählte ihm von Nirvanas Beobachtung.
Er runzelte die Stirn. »Aber … ich habe sie auch gesehen. Sogar, als sie schon etwas älter war.«
Ich zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Nirv sagte, er sei winzig und liebt mich sehr.«
Sein Gesicht hellte sich auf. »Ein Sohn ist mir ebenso willkommen. Ich war nur immer der Meinung, dass Träume aus dem Vaelithar nie irren.«
»Hmmmhm.« Ich nickte gedankenverloren. »Ich werde nächste Woche mal zu Professor Mills gehen. Sie hat bestimmt Wege, das herauszufinden.«
Professor Mills hatte in der Tat Wege. Magische Wege.
»Seht ihr diese kleine Zacke an der Eihülle dort oben? Wenn sie zu finden ist, wird der Drache männlich.«
Sie zeigte auf das leuchtende Bild über mir. »Es ist nicht so deutlich wie in den Büchern, aber ich würde sagen: Glückwunsch. Ihr bekommt einen Jungen. In ungefähr sechzehn Monaten.«
Ich strahlte über das ganze Gesicht.
»Nirv hatte recht.Es ist ein Junge, kein Mädchen. Du musst deine Namensauswahl also noch mal überdenken.« Ich grinste in Gedanken an Wrathions stundenlange Überlegungen.
Seine Antwort kam prompt: »Ich liebe euch beide – egal, was es wird.«
Fortsetzung folgt …
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Stormrider - Part 102
»I’m glad it turned out differently. Only now do I realize how lonely I truly was before I met you.« He looked at me with such loving eyes that it warmed me from within.
Yet my heart grew heavy at the image he had painted so vividly, and I sighed deeply.
»It breaks my heart, what you’re telling me. It makes me so sad that you were so innocently alone. That you carried so much of your grandfather’s guilt on your heart — so senselessly. I don’t know how I would’ve endured that. Or if I could’ve endured it at all.«
A lump tightened my throat. I couldn’t go on.
He wrapped his arm around me, pulled me close, and kissed my forehead.
»It’s the past,« he said gently. »Thank the gods, it’s the past. You are my family now. You — and Anelia, Sam, Fiona, Nyra…«
He smiled, placing his warm hand tenderly on my belly.
»And you in there as well.«
Nirvana caught up with me on the stairs. »There you are again!« she greeted me joyfully, hugging me. She had been in Ardenweald for the past few days and I hadn’t seen her since the Vaelithar ended.
»Hey Nirv. All good?« I hugged her carefully — she was so delicate, one might fear breaking her.
»Yes, much better now.« She grinned. »I was pretty shaken about the whole Rodney thing. But that’s over.«
She let her gaze wander over me — and her eyes widened.
»Oh!«
»Oh?« I asked, puzzled. Had I missed something?
»It’s just…« she looked at me in wonder, »I sense someone. In you. A dragon.« She smiled apologetically, as if she had just offended me.
I chuckled. »That’s the normal state after the Vaelithar, Nirv. We’ve already dreamt of her.«
She shook her head in confusion. »Her? No. I feel… a dragon. Male.« She smiled. »He’s so small. And he loves you very much.«
My mouth dropped open. Until now, we had been convinced we were expecting a daughter. »Are you really sure?«
»Yes, absolutely. But…« She frowned.
»What is it?« I asked. Her hesitation unsettled me more than I wanted to admit.
»It’s as if he’s both awake and asleep. As if he’s there twice. Overlapping with himself. That’s… strange.«
Could our dreams have been so wrong?
»Hmmmm.« I couldn’t think of anything better to say.
But Nirvana smiled again, beaming.
»He’s fine. A tiny whelp made entirely of love.«
Her love for all living things was as unwavering as ever.
»Thank you,« I replied with a smile.
»Oh!« she suddenly exclaimed in shock. »I have to go! Damn, I’m late for my mentor.« And she was gone, hurrying down the spiral staircase.
The rest of the day passed in a blur. What was covered in the next lesson, and the one after — it all passed me by. Mechanically, I performed the exercises, but my thoughts were elsewhere.
When I got home, I was still standing in the middle of the room, lost in thought, when Wrathion looked up from his book.
»What’s wrong?«
I told him about Nirvana’s observation.
He frowned. »But… I’ve seen her too. Even when she was older.«
I shrugged. »I don’t know. Nirv said he’s tiny and loves me very much.«
His face brightened. »A son is just as welcome to me. I just always thought Vaelithar dreams never lie.«
»Hmmhm.« I nodded absentmindedly. »I’ll go see Professor Mills next week. She’ll know how to find out.«
Professor Mills indeed had ways. Magical ways.
»Do you see this little spike on the egg shell up there? When it’s present, the dragon will be male.«
She pointed to the glowing image above me. »It’s not as clear as in the books, but I’d say: Congratulations. You’re having a boy. In about sixteen months.«
I beamed.
»Nirv was right. It’s a boy, not a girl. You’ll have to rethink your name choices.« I grinned, thinking of Wrathion’s countless hours of pondering.
His response came promptly: »I love you both — no matter what.«
To be continued …
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