Stormrider - Teil 69

Es klopfte an unserer Tür. Ich ging, um zu öffnen, es waren Rodney und Nirvana mit einem Fässchen Bier unter dem Arm.
»Wir hatten euch lachen gehört. Uns war nicht zum Lachen«, zuckte er mit den Schultern, »also dachten wir, wir bringen euch etwas Bier und sehen mal, ob ihr uns zum Lachen bringen könnt. Wir finden, das ist ein guter Deal.«, grinste er breit.
»Klar kommt rein.«, grinste ich zurück und ließ die beiden eintreten.
Schon kurze Zeit später entfaltete der Alkohol bei uns allen seine volle Wirkung.
»Jämmerlicher Mensch.«, grölte Rodney und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel.
»Und den armen George hat sie eine ‚verdrehte Knalltüte‘ genannt.«, quietschte Nirvana vor Vergnügen.
»Susi sagte, sie hätte sie ‚Susi Sorglos‘ genannt.«, gluckste Alice amüsiert.
»Das geht ja noch.«, kicherte ich.
Scheinbar war Professor Black jemand, dem nie die Spitznamen für andere ausgingen.
Es war so erleichternd, über all diese seltsamen Bezeichnungen lachen zu können, die Professor Black jedem einzelnen von uns verpasst hatte. Es nahm dem Ganzen den Schrecken. So als wäre Professor Black nur eine total verrückte Alte, die man nicht ernst nehmen konnte.

Es war wieder Freitag und ich wartete vor der Schule auf Wrathion, der mich wie immer abholen würde, als plötzlich Professor Black neben mir stand.
»Ihr habt diese Woche gut gearbeitet.«, sagte sie mit einem anerkennenden Nicken.
»Danke, Professor.«, freute ich mich. Es war sicher nicht leicht, ausgerechnet von ihr ein solches Kompliment zu erhaschen. Irgendwie war sie anders, sie wirkte fast schon … freundlich auf mich.
Sie blieb neben mir stehen und sah in Gedanken versunken hinunter auf die Stadt. »Habt Ihr dieses Wochenende etwas Besonderes vor?«, wollte sie wissen. Sie machte tatsächlich Smalltalk mit mir? Das würde mir niemand glauben, wenn ich es erzählte.
»Nein.«, erwiderte ich. »Das Gleiche wie immer. Mein Gefährte holt mich ab und wir gehen nach Hause.«
Sie sagte nichts, verschränkte die Arme vor ihrer Brust und starrte weiterhin auf die stille Stadt.
Schließlich kam Wrathion angeflogen und landete vor uns. Ich gab ihm einen Kuss auf seine Nase und saß auf. Dann winkte ich Professor Black zu, die uns auf seltsame Art anstarrte.
»Schönes Wochenende, Professor.«
»Euch ebenso.« Sie winkte uns zu und schon waren wir in der Luft.

»Wer war das vorhin?«, wollte Rath wissen, als wir in Valdrakken angekommen waren.
»Eine neue Professorin. Sie unterrichtet magische Verteidigung.«, gab ich zurück. »Sie ist unausstehlich zu allen, aber mich mag sie offensichtlich etwas lieber als den Rest.«
»Es war so, als wäre sie zweimal da. Als würde sich ihr Bild überlagern.«, sagte er. »Ich musste blinzeln, um es überhaupt sehen zu können, und selbst dann war es vollkommen unscharf.«
Ich dachte nach. Stimmt, da war irgendwas … seltsam an ihr. Also zusätzlich zu ihrem wirklich schrägen Verhalten hatte ich noch etwas wahrgenommen, was ich nicht deuten konnte.

Auch in ihrer zweiten Woche ließ unsere neue Professorin sprichwörtlich keinen Stein auf dem anderen. In einer Unterrichtsstunde des dritten Jahrgangs wurde sie so wütend, dass sie anfing, Dinge aus dem Regal für Lehrmittel nach ihren Schülern zu werfen. Wir alle fragten uns bei jedem dieser Vorfälle, wann Khadgar sie letztlich wieder entlassen würde. Aber aus irgendeinem Grund blieb sie und machte uns allen weiterhin das Leben schwer.
Allen, bis auf mir, Nirvana und Rodney. Wir drei hatten stillschweigend beschlossen, das Ganze zu umgehen, indem wir für ihren Unterricht härter lernten, als wir es für alle anderen taten. Sie zollte uns ihrerseits Respekt dafür, indem sie uns von Stund an nicht mehr beschimpfte. Zumindest ein Fortschritt. Teleportation und magische Verteidigung avancierten für mich zu einem Lebensinhalt.
In der dritten Woche klopfte eine sichtlich wütende Susi Mittens an Khadgars Tür, als ich für meine Aufholübungen in seinem Büro saß. Er bat sie herein, führte sie ins Nebenzimmer und lehnte die Tür an.
»Erzmagier… Ausbildung abbrechen … geht gar nicht.«, hörte ich sie sich nebenan in Rage reden. Offensichtlich war sie mit Professor Black zusammengeraten, mehr als einmal, wie es schien.
Susi war eine Frohnatur, der nichts und niemand den Tag verderben konnte. Bislang zumindest. Sie war jetzt wie Alice im dritten Jahr und hatte auch ohne dass ihr Professor Black den Tag vermieste genug Stress mit dem Stoff, den sie zu lernen hatte. Es war eine ganze Weile still, offenbar sprach Khadgar in seiner sachlichen Art auf sie ein, bevor beide wieder in der Tür auftauchten.
»Denkt darüber nach!«, sagte Khadgar.
»Okay. Danke, Erzmagier.«, seufzte Susi tief und nickte mir kurz zu, bevor sie ging.
Khadgar seufzte.
»Probleme?«, fragte ich.
»Professor Black.«, seufzte er. »Sie macht sich nicht beliebt. Ich hatte gehofft, es würde besser funktionieren.«

Vier Wochen nachdem Professor Black an unserer Schule begonnen hatte zu unterrichten, kam sie während der Mittagspause mit einer Ankündigung in den Speisesaal.
Alle zwei Wochen, so verkündete sie, immer Freitag mittag sollten jetzt offene Kämpfe zwischen zwei Teams innerhalb von Dalaran stattfinden, bei denen sich zeigen sollte, was wir gelernt hatten und ob unsere Reaktionen schnell genug waren.
Rodney war sofort Feuer und Flamme, während Nirvana zweifelte, ob ihr das gefallen sollte.
Die Vorstellung, mit gezogenem Zauberstab durch Dalaran zu rennen und das gegnerische Team zu schlagen klang für mich definitiv nach einer menge Spaß. Es war realistischer auf ein bewegliches Ziel zu gehen, als sich nur im statischen Übungskampf gegenüberzustehen.
Und so erfand ausgerechnet Nyra Black, die unbeliebteste Professorin aller Zeiten die MAKs, die Magischen Ausbildungs Kämpfe von Dalaran. Und so unbeliebt sie auch war – als sie die Nachricht der neuen Veranstaltung verkündete, waren alle begeistert von der Möglichkeit, zusammen gegen gegnerische Gruppen zu kämpfen. Und fast sofort taten sich Teams zusammen.

Fortsetzung folgt …