Stormrider - Teil 34

»Wie es sich immer wieder wiederholt. Sowohl bei Oma und Opa, dann bei Fiona und mir und jetzt bei Euch beiden«
Ich verstand nicht gleich. »Du meinst, wie wir unsere Gefährten finden?«
»Ja. Es ist selten.«
Mittlerweile war bei mir der irrige Eindruck entstanden, dass Drachen grundsätzlich immer Seelengefährten fanden und sich mit ihnen zu Familien verbanden. Deshalb erstaunten mich seine Worte jetzt um so mehr.
»Ich kenne so viele Drachen, die ihr ganzes Leben allein verbringen, weil sie niemals jemandem begegnen, der so exakt zu ihnen passt.«, sagte er nachdenklich. »Und in unserer Familie ist es schon seit zwei Generationen anders. Es macht mich glücklich, dass es bei dir und Wrathion genauso ist.«
»Papa kann ich dich was fragen?«
»Alles, meine Süße.«
»Dieser Traum, den Oma und ich hatten. Hatten Mama und Du denselben?«
»Nicht in dieser Form, wie ihr zwei nein. Aber wir hatten beide am gleichen Tag eine Ahnung, dass wir heute jemand wichtigem begegnen werden. Und so geschah es dann.« Er lächelte, zog seine dicken Socken aus und streckte seine Füße in Richtung der Flammen.
Bei nächster Gelegenheit würde ich Rath von meinem Traum erzählen und ihn fragen, ob er von mir geträumt hatte.
Ich starrte wieder in die Glut und gähnte müde.
»Ich geh´schlafen. Gute Nacht Papa.« Ich gab ihm einen Kuss und stand auf.
»Gute Nacht meine Süße. Schlaf schön.«, lächelte er.


Am Morgen war Wrathion bereits aufgestanden, als ich wach wurde. Heute würden wir nach Karazhan reisen, was mich jetzt eindeutig in Vorfreude versetzte.
Draußen beschien die Sonne die mit weißem Zuckerguss überzogene Landschaft, die aussah, wie aus einem Kalenderblatt entsprungen. In der Küche saßen sie schon alle zusammen, als ich die Treppe herunterkam.
»Guten Morgen, kleine Schlafmütze.« Wrathion stand auf und holte die Kaffeekanne vom Herd, um meine Tasse mit Omas Bohnengebräu zu füllen.
»Guten Morgen ihr alle.« Ich reckte und streckte mich ausgiebig, bevor ich mich setzte und am höllisch heißen Kaffee nippte.
»Wie ich schon sagte, das müsst ihr euch unbedingt ansehen.«, meinte Fiona zu Wrathion und er nickte.
»Stormwind ist sehenswert, falls ihr dafür Energie übrig habt.«, erläuterte Oma.
»Wir schauen mal, wie sich dieser Ausflug entwickelt. Karazhan mit seinem Wissen ist heute erstmal unser Fokus. Mal sehen, ob dann überhaupt Zeit für anderes bleibt.«, sagte er und umarmte mich so plötzlich, dass er fast einen Schwall heißen Kaffee aus meiner Tasse abbekommen hätte. Ich konnte das Getränk gerade eben am Überschwappen hindern und schnaufte überrascht.


Von Goldhain aus flog ich bei Wrathion mit und wenig später standen wir schon vor den Toren von Karazhan. Die dunkle Magie, die Medivh im Turm des Gemäuers vor so langer Zeit freigesetzt hatte, war sogar hier draußen fast greifbar.
Zumindest aber sorgte sie dafür, dass hier in der Gegend ein so düster-nebligfeuchtes Wetter herrschte, dass ich jetzt gefröstelt hätte, hätte ich nicht auf seinem warmen Rücken gesessen.
Wrathion hatte mir nicht zu viel versprochen, als er gesagt hatte, dass es hier in den Raunächten mehr spuken würde. Im ganzen Haus waren durchscheinende Geister unterwegs, die in lautlose Gespräche vertieft waren und manche davon tanzten sogar im großen Ballsaal zu einer unhörbaren Musik einen ewigen Walzer. Sie waren an uns überhaupt nicht interessiert.
»Ob sie wissen, dass sie tot sind?«, flüsterte ich.
»Ich weiß es nicht. Die Magie, die sie alle getötet hat, war so intensiv, dass es schnell gegangen sein muss. Ich glaube nicht, dass sie Kenntnis davon haben, dass sie tot sind.« Er schritt auf ein paar Geister zu und wedelte mit seiner Hand vor ihren Gesichtern herum. Nichts passierte. Das Geisterpärchen war in sein unhörbares Gespräch vertieft und lief mitten durch Wrathion hindurch.
Er fröstelte, kehrte zu mir zurück und nahm meine Hand.
»Es hat mit der Frequenzhöhe ihrer Seele zu tun. Ich habe keine Ahnung, ob sie uns wahrnehmen, wie wir sie. Ihre Frequenz ist eine vollkommen andere, als die von uns Sterblichen.«, sagte er nachdenklich.
Wir wandelten durch die prunkvollen Hallen von Karazhan und kamen in den Speisesaal.
Selbst die Speisen auf den reichlich gedeckten Tischen waren in eine ätherisch durchscheinende Form verwandelt worden. Oben auf einer Empore sah man die geisterhaften Adeligen und den damaligen Verwalter des Anwesens, Moroes, miteinander scherzen und lachen, ganz so als wären sie alle quicklebendig.


Wir setzten unseren Weg fort und stiegen eine schmale Treppe aus Marmor in das obere Stockwerk hinauf. Staunend blieben wir stehen. Es war nach der langen Zeit und allem, was hier geschehen war dennoch ein prunkvoller Saal, der jetzt vor uns lag.
Wenn wir an der Seite des Raumes einige wenige Stufen hinaufstiegen, gelangten wir auf einen Balkon, von dem aus wir einen Blick auf die untere Etage und den großen Speisesaal hatten. Gleich nebenan gab es einen roten Teppich, der jedes Geräusch schluckte. Wrathion nahm meine Hand in seine, während er die mir andere Hand um die Taille legte. »Milady, darf ich Euch um diesen Tanz bitten?«, bat er mit einem charmant einladenden Lächeln.
Ich kam nicht dazu, zu antworten, denn schon wirbelte er mich zur unhörbaren Musik im Kreis herum und mir wurde etwas schwindelig. Er war ein ausgezeichneter Tänzer und mit ihm in diesen prächtigen Hallen war ich eine Prinzessin einer lange vergangenen Zeit.
»Was kannst du eigentlich nicht?«, fragte ich ihn atemlos lachend, während wir uns nach unserem Tanz auf dem Balkon ein wenig ausruhten.
Er überlegte einen Moment. »Möglicherweise wären meine Backkünste nicht so exzellent, wie die von dir und Anelia.«
Ich schmunzelte amüsiert. »Das lassen wir auf einen Versuch ankommen.«
Wir folgten dem weiteren Weg durch das hauseigene Theater. Einige durchscheinende Gäste saßen erwartungsvoll im Zuschauerraum, aber es sah nicht so aus, als würde hier heute jemand aus der Geistertruppe eine Vorstellung geben. Wir liefen händchenhaltend viele Treppen in einem Turm hinauf, die so ramponiert aussahen, dass wir befürchteten, dass sie beim Betreten zusammenbrechen. Wir wagten es dennoch und durchquerten die Menagerie, um endlich in die Bibliothek zu gelangen, auf die ich schon so gespannt war.

 

Fortsetzung folgt …

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Stormrider - Part 34

»How it keeps repeating. First with Grandma and Grandpa, then with Fiona and me, and now with the two of you.«

I didn’t understand right away. »You mean, how we find our companions?«

»Yes. It’s rare.«

By now, I had developed the mistaken impression that dragons always found soulmates and bonded with them to form families. So his words surprised me even more.

»I know many dragons who spend their entire lives alone because they never meet someone who fits them so perfectly,« he said thoughtfully. »And in our family, it’s been different for two generations. It makes me happy that it’s the same for you and Wrathion.«

»Dad, can I ask you something?«

»Anything, sweetie.«

»That dream Grandma and I had. Did you and Mom have the same one?«

»Not in the same form as you two, no. But we both had a sense, on the same day, that we were going to meet someone important. And that’s what happened.« He smiled, pulled off his thick socks, and stretched his feet toward the flames.

At the next opportunity, I would tell Rath about my dream and ask him if he had dreamed of me.

I stared into the embers again and yawned sleepily.

»I’m going to bed. Good night, Dad.« I gave him a kiss and stood up.

»Good night, sweetie. Sleep well,« he smiled.

In the morning, Wrathion was already up when I woke. Today, we would travel to Karazhan, and now I was definitely feeling excited.

Outside, the sun shone on the landscape, covered in white frosting, like something out of a calendar. They were all already sitting in the kitchen when I came down the stairs.

»Good morning, sleepyhead.« Wrathion stood up and grabbed the coffee pot from the stove to fill my cup with Grandma’s brew.

»Good morning, everyone.« I stretched and yawned before sitting down and taking a sip of the scalding hot coffee.

»Like I said, you really have to see it,« Fiona was saying to Wrathion, and he nodded.

»Stormwind is worth visiting if you have the energy,« Grandma explained.

»We’ll see how this trip goes. Karazhan and its knowledge are our main focus today. Let’s see if there’s even time for anything else,« he said and hugged me so suddenly that he almost knocked hot coffee out of my cup. I barely managed to stop the drink from spilling over, exhaling in surprise.

From Goldshire, I flew with Wrathion, and soon enough, we were standing before the gates of Karazhan. The dark magic that Medivh had unleashed in the tower so long ago was still palpable, even out here.

At the very least, it made the weather around here so dark, misty, and damp that I would’ve been freezing if I hadn’t been sitting on his warm back.

Wrathion hadn’t exaggerated when he said there would be more ghosts here during the Winter solistice days. The whole house was full of translucent spirits, deep in silent conversations, some even dancing an eternal waltz to unheard music in the grand ballroom. They didn’t seem to care about us at all.

»Do you think they know they’re dead?« I whispered.

»I don’t know. The magic that killed them all was so intense that it must have happened quickly. I don’t think they’re aware they’re dead.« He approached a few ghosts and waved his hand in front of their faces. Nothing happened. The ghostly couple remained engrossed in their silent conversation and walked right through Wrathion.

He shivered, came back to me, and took my hand.

»It has to do with the frequency of their souls. I have no idea if they perceive us the way we perceive them. Their frequency is completely different from ours as mortals,« he said thoughtfully.

We wandered through the opulent halls of Karazhan and entered the dining hall.

Even the food on the richly laid tables had taken on an ethereal, translucent form. Up on a balcony, you could see the ghostly nobles and the manor’s former steward, Moroes, joking and laughing as if they were all still alive.

We continued on and climbed a narrow marble staircase to the upper floor. We stopped, amazed. Despite all that had happened here over the years, the grand hall before us was still magnificent.

If we ascended a few steps on the side of the room, we could reach a balcony that overlooked the lower floor and the great dining hall. Right next to it, a red carpet muffled all sounds. Wrathion took my hand, placing the other on my waist. »Milady, may I have this dance?« he asked with a charming smile.

I didn’t even get a chance to respond before he was twirling me around to the unheard music, and I felt a little dizzy. He was an excellent dancer, and with him in these grand halls, I felt like a princess from a long-forgotten time.

»Is there anything you can’t do?« I asked him, laughing breathlessly as we rested on the balcony after our dance.

He thought for a moment. »Perhaps my baking skills aren’t as excellent as yours and Anelia’s.«

I smirked playfully. »We’ll put that to the test.«

We continued our journey through the mansion’s theater. Some translucent guests sat expectantly in the audience, but it didn’t seem like anyone from the ghostly troupe was performing today. We held hands as we climbed many stairs in a tower, which looked so worn down that we feared they might collapse under us. Still, we dared to continue, crossing the menagerie until we finally reached the library, which I had been so eager to see.

 

To be continued …

 

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