Stormrider - Teil 14

Einige Zeit später war die Halle bis auf den letzten Platz gefüllt und es herrschte ein lautes Gemurmel.
Als Lady Jaina Proudmoore an das Rednerpult trat, wurde es still im Raum. Sie tippte mit ihrem Zauberstab einmal an das Pult und ihre Stimme wurde magisch verstärkt. »Ich begrüße Euch. Heute werden wir einen neuen Jahrgang junger Leute in die Reihen der Kirin Tor aufnehmen. Mögen sie zu weisen und mächtigen Magiern heranreifen und uns allen …«, sie machte eine ausladende Geste, »… in ihrem künftigen Wirken hilfreich zur Seite stehen. Unsere Universität ist seit jeher bekannt dafür, dass die besten ihres Fachs aus ihren Reihen hervorgehen. Ich wünsche jedem von Euch …«, ihr Blick ruhte auf uns neuen Schülern »einen guten Schulbeginn und viel Spaß beim Lernen, hier in unserer schönen Schule. Bitte, Professor Whitmoore!« Sie machte nun Platz für die kleine Gnomenprofessorin, von der mir Alice erzählt hatte.
Professor Whitmoore hatte kluge neugierige Augen und ein freundliches Gesicht. Ihr blaues Haar stand in zwei Zöpfchen vom Kopf ab, die aussahen, als wären sie die Pinsel eines Malers. Auf ihrer kleinen Nase thronte eine halbmondförmige Brille und sie trug eine Robe mit den Insignien der Kirin Tor. Sie tippte nun ebenfalls mit dem Zauberstab an das Pult, räusperte sich einmal, dann sah sie mit einem warmen Lächeln in die Runde der neuen Schüler.

»Willkommen, willkommen! Ich werde Euch nun der Reihe nach aufrufen. Ich bitte Euch, einzeln vorzutreten und durch dieses …«, sie machte eine elegante kleine Handbewegung, »… Portal zu gehen. Sobald ihr auf der anderen Seite angekommen seid, werden Euch eure Zimmer zugewiesen und ihr werdet zuerst euer Gepäck hinaufbringen. Anschließend versammeln wir uns alle im Gemeinschaftsraum. Und los geht es mit…«, sie klatschte einmal in die Hände und es erschien ein großer vergilbter Zettel in ihrer Hand, von dem sie nun ablas. »… Sabrina Andrass.«
Eine junge Zwergin trat vor und trat durch das Portal.
Ein Schüler nach dem anderen ging jetzt entweder mit ohne oder seinen Mentor hindurch. Schließlich war ich an der Reihe, winkte kurz meiner Familie zum Abschied und ging mit Alice hindurch.
Auf der anderen Seite des Portals wartete eine ältere Magierin, die mich schnell auf ihrer langen Liste fand. Sie sah mich an. »Stormrider?« Ich nickte.
Alice sprach kurz mit ihr und dann machten wir uns direkt auf den Weg in den Gemeinschaftsraum.

»Das war ja eher unspektakulär, was war daran jetzt so ein Geheimnis?«, wollte ich von Alice wissen.
»Ich konnte es dir nicht sagen. Nicht, weil es ein Geheimnis ist, sondern weil sie sich jedes Mal ein anderes Konzept ausdenken. Mal ist das Ritual für die neuen Schüler blumig verspielt mit viel Spektakel und dieses Mal war es wohl ein eher pragmatischer Kollege, der sich die feierliche Performance ausgedacht hat.«, zuckte sie mit den Schultern. »Im letzten Jahr haben die Erstsemester zur Einschulung der neuen Schüler Luftballons herbeigezaubert, die dann den Rest des Schuljahres alle oben an der Decke der Eingangshalle schwebten.«, grinste sie.
Am Gemeinschaftsraum angekommen wartete ein weiterer Magier auf uns. Ein junger Mann, der eine lässige Robe und einen abgewetzten Zaubererhut trug. Er hatte offensichtlich nicht so früh mit uns gerechnet, denn er saß am Eingang auf einem Stuhl und las in einem dicken Buch, das er nun schnell zur Seite legte.
»Guten Abend die Damen. Die Veranstaltung geht auf dem Balkon weiter.«, sagte er freundlich.
Als er erkannte, wer da vor ihm stand, rief er strahlend »Hi Alice!«
»Hi George. Lies ruhig noch weiter, es dauert noch, bis der Rest nachkommt. Teyla ist gestern schon bei mir eingezogen.« Sie zog mich schnell weiter, als wäre ihr die Begegnung unangenehm.
»Ah okay, prima.« Er schnappte sich sein Buch und vertiefte sich wieder in seine Lektüre.

Wir schlenderten in Richtung Balkon. Auch hier hatte jemand Stuhlreihen hingezaubert und Alice runzelte die Stirn.
»Was planen sie nur hier oben?« Es war seltsamerweise draußen schon dunkel geworden, obwohl seit dem Beginn der Veranstaltung kaum eine Stunde vergangen war. Weit unten sah man verschwommen die Lichter Dalarans. Der Wind war kühl und wir zwei zogen uns lieber auf ein bequemes Sofa vor dem knisternden Kaminfeuer zurück.
»Läuft da etwa was zwischen dir und George?«, fragte ich Alice mit leiser Stimme nach einem Blick zur Tür, doch der junge Mann war nach wie vor in sein Buch vertieft und konnte mich nicht hören.

»Pschhht!« Alice machte ein entsetztes Gesicht und eine abwehrende Bewegung. »Nein! Du liebe Güte nein! Ich bin doch nicht verrückt. Der Typ ist eine absolute Nervensäge!«
Ich kicherte wohl ein wenig zu laut, denn George sah nun kurz von seinem Buch auf. »Ich kann das gar nicht verstehen, er ist doch sehr nett!«, flüsterte ich.
»Wenn du darauf stehst, dass er dir auf Schritt und Tritt überallhin folgt und dir die ganze Zeit selbstverfasste Gedichte vorträgt…« Alice rollte mit den Augen. »Er schreibt für sein Leben gern Gedichte, und jeder, der nicht schnell genug wegkommt, muss sich seine Ergüsse stundenlang anhören.«
Ich prustete vor Lachen los und hielt mir die Hand vor den Mund, um möglichst jeden Laut zu ersticken, was mir aber nicht gelang. George schaute erneut neugierig in unsere Richtung und ich rutschte ein wenig tiefer ins Sofa, um aus seinem Blickfeld zu verschwinden. Ich bekam einen Heiterkeitsausbruch und konnte nicht mehr aufhören zu kichern.
Alice setzte noch einen oben drauf und flüsterte: »Die arme Susi Mittens hatte er neulich am Wickel. Und abends beim Mädelstreffen hat sie uns dann ihr Leid geklagt. Er hat nicht mal mit dem Vortrag aufgehört, als sie aufs Klo ging. Da stand er dann also vor dem Toilettenfenster und schwelgte inbrünstig in seinem Reim. Denn weißt du, die Betonung mit der er seine eigenen Gedichte vorliest, ist zum Schreien. Die arme Susi war davon so genervt, dass sie als noch Ungeübte einen Schreizauber gewirkt hat. Und den konnte sie nicht wieder selbst aufheben.
Der Schrei war so laut, dass sich die ganze Schule eine halbe Stunde lang die Ohren zuhalten musste. So lange, bis Professor Whitmoore die Urheberin des Zaubers gefunden hatte, um ihn rückgängig machen zu können.«
Jetzt war es mit meiner Selbstdisziplin endgültig vorbei. Ich sprang auf, als hätte jemand einen Froststachel unter meinem Hintern beschworen, raste nach draußen in den kalten Wind, hielt mich am schmiedeeisernen Geländer fest und brüllte vor Lachen.
Alice folgte mir auf dem Fuße. Wir kugelten uns vor Gelächter, bis uns die Bäuche wehtaten und uns die Tränen in Sturzbächen aus den Augen liefen. Jedes Mal wenn wir uns ansahen, ging es wieder los. Es dauerte Minuten, bis wir uns wieder einkriegen konnten. Ich fürchtete schon, George nicht mehr ansehen zu können, ohne unvermittelt in Gekicher auszubrechen, aber das wäre absolut ungebührlich gewesen.

Nach einer Weile hatten wir uns so weit beruhigt, dass wir anfingen zu frösteln und wir gingen zurück in den warmen Gemeinschaftsraum. Mittlerweile waren schon andere Leute angekommen und George hatte zum Glück alle Hände voll zu tun, die neuen Schüler zu begrüßen, und beachtete uns nicht weiter.

 

Fortsetzung folgt …

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Stormrider - Part 14

Some time later, the hall was filled to the last seat, and there was a loud murmur. When Lady Jaina Proudmoore stepped up to the lectern, the room fell silent. She tapped the lectern with her wand, and her voice was magically amplified. »I welcome you all. Today, we are inducting a new class of young people into the ranks of the Kirin Tor. May they grow into wise and powerful mages and be of great assistance to us all …«, she made a sweeping gesture, »… in their future endeavors. Our university has always been known for producing the best in their field. I wish each of you …«, her gaze rested on us new students, »a good start to your studies and lots of fun learning here at our beautiful school. Please, Professor Whitmoore!« She made way for the small gnome professor Alice had told me about.
Professor Whitmoore had wise, curious eyes and a friendly face. Her blue hair stood in two pigtails that looked like painter’s brushes. On her small nose perched a half-moon-shaped pair of glasses, and she wore a robe with the insignia of the Kirin Tor. She also tapped the lectern with her wand, cleared her throat once, and then looked at the new students with a warm smile.

»Welcome, welcome! I will now call you up one by one. Please come forward and walk through this …«, she made an elegant little hand gesture, »… portal. Once you arrive on the other side, you will be assigned your rooms and will first bring up your luggage. Then we will all gather in the common room. And we start with…«, she clapped her hands once, and a large yellowed sheet of paper appeared in her hand, from which she began to read. »… Sabrina Andrass.«
A young dwarf stepped forward and walked through the portal.
One student after another now went through, either alone or with their mentor. Finally, it was my turn. I waved briefly to my family and went through with Alice.
On the other side of the portal, an older mage was waiting, who quickly found me on her long list. She looked at me. »Stormrider?« I nodded.
Alice spoke with her briefly, and then we headed directly to the common room.

»That was rather unspectacular. What was the big secret about that?« I wanted to know from Alice.
»I couldn’t tell you. Not because it’s a secret, but because they come up with a different concept every time. Sometimes the ritual for the new students is flowery and playful with lots of spectacle, and this time it was probably a more pragmatic colleague who designed the ceremonial performance.« She shrugged. »Last year, the freshmen conjured up balloons for the new students’ induction, which then floated at the ceiling of the entrance hall for the rest of the school year.« She grinned.
When we arrived at the common room, another mage was waiting for us. A young man in a casual robe and a worn wizard hat. He clearly hadn’t expected us this early, as he was sitting by the entrance on a chair, reading a thick book, which he quickly set aside.
»Good evening, ladies. The event continues on the balcony,« he said kindly.
When he recognized who was standing before him, he exclaimed brightly, »Hi Alice!«
»Hi George. Go ahead and keep reading; it’ll be a while before the rest arrive. Teyla moved in with me yesterday.« She quickly pulled me along, as if the encounter was uncomfortable for her.
»Ah, okay, great.« He grabbed his book and delved back into it.

We strolled towards the balcony. Someone had conjured rows of chairs here too, and Alice furrowed her brow.
»What are they planning up here?« Strangely, it was already dark outside, even though barely an hour had passed since the start of the event. Far below, the lights of Dalaran blurred. The wind was cool, and we two retreated to a comfortable sofa in front of the crackling fireplace.
»Is there something between you and George?« I asked Alice in a low voice after glancing at the door, but the young man was still engrossed in his book and couldn’t hear me.

»Pshhht!« Alice made a horrified face and a dismissive gesture. »No! Good heavens, no! I’m not crazy. That guy is a complete pest!«
I giggled a little too loudly because George briefly looked up from his book. »I can’t understand it; he seems very nice!« I whispered.
»If you like being followed everywhere and having self-written poems recited to you all the time…« Alice rolled her eyes. »He loves writing poems, and anyone who doesn’t get away fast enough has to listen to his ramblings for hours.«
I burst out laughing and covered my mouth to stifle the sound, but I couldn’t manage it. George glanced our way again, and I slid a little deeper into the sofa to get out of his sight. I had a fit of giggles and couldn’t stop.
Alice added more fuel to the fire by whispering: »Poor Susi Mittens was his latest victim. At our girls’ meeting in the evening, she complained about her ordeal. He didn’t even stop when she went to the bathroom. He stood outside the toilet window, passionately reciting his rhymes. And you know, the way he emphasizes his own poems is hilarious. Poor Susi was so annoyed that she, still unpracticed, cast a scream spell. And she couldn’t reverse it herself. The scream was so loud that the whole school had to cover their ears for half an hour until Professor Whitmoore found the spell’s originator and could undo it.«
That was the end of my self-control. I jumped up as if someone had cast an ice spike under my butt, dashed outside into the cold wind, grabbed the wrought-iron railing, and howled with laughter.
Alice followed right behind me. We doubled over with laughter until our bellies hurt and tears streamed down our faces. Every time we looked at each other, it started all over again. It took minutes for us to calm down. I feared I wouldn’t be able to look at George without bursting into giggles, but that would have been utterly inappropriate.

After a while, we calmed down enough that we started to feel chilly, so we went back into the warm common room. By now, other people had arrived, and fortunately, George was busy welcoming the new students and didn’t pay us any further attention.

 

To be continued …

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