
Stormrider - Teil 6
Als ich den Kaffee fertig aufgebrüht hatte, tauchte Oma im Türrahmen auf.
»Guten Morgen, Schätzchen« gähnte sie und sah noch ein bisschen zerknittert aus.
»Willst du Kaffee, Oma?«
Sie nickte, setzte sich und nippte an ihrer Tasse. »Wann wird Alice hier sein?«, wollte sie wissen.
»Sie geht mittags durch das Portal nach Valdrakken und nimmt anschließend den Drachen hierher.«
»Genug Zeit für den Teig. Hilfst du mir damit?« Sie hatte Wort gehalten und tatsächlich nur einen Kuchen beabsichtigt. Zusammen mischten wir den Teig, füllten ihn in die Form und kurze Zeit später war das gute Stück dann im Ofen und in der Küche verbreitete sich herrlicher Kuchenduft. Gegen Mittag war die Küche wieder vorzeigbar, der Kuchen war fertig und wartete auf den Besuch.
Es ist seltsam, auf jemanden zu warten, den man gar nicht kennt. Würden Alice und ich uns gut verstehen, oder würde unsere Beziehung auf einer reinen Schülerebene bleiben?
Ich wartete draußen auf der Bank und wurde langsam nervös. Und dann erschien Alice wie ein Sonnenstrahl im Garten und alle meine Bedenken lösten sich mit einem Schlag in Luft auf.
Da stand ein menschliches Mädchen mit Sommersprossen und leuchtend roten hüftlangen Dreadlocks vor mir, deren grüne Augen aufgeregt blitzten. Sie trug waldgrüne Roben und einen dazu passenden Umhang mit einer großen Kapuze, die mit Runen bestickt war und ihr Lächeln war ansteckend. Ihre warmherzige Ausstrahlung machte sie mir gleich sympathisch.
»Hi Teyla? Ich bin Alice.«, sagte sie und wir reichten uns die Hände.
»Hi Alice« gab ich lächelnd zurück. Wir schlenderten zusammen in Richtung unseres Hauses und ihre Bewegungen waren anmutig und leicht. »Danke, dass du extra den Weg hierher gekommen bist« meinte ich etwas eingeschüchtert, denn auf mich wirkte sie in ihrem selbstsicheren Auftreten nicht wie jemand, der erst ein Jahr in Dalaran studierte.
»So schwierig ist es ja nicht«, zwinkerte sie »So ist es doch besser, als hunderte Briefe hin und her zu schicken, oder?«
Ich nickte.
Oma hatte an der Tür gewartet und begrüßte unsere Besucherin mit ihrem schönsten Lächeln. »Hallo Alice, willkommen bei uns. Wir haben hier so selten Gäste, ich freue mich, dass du Teyla besuchst und ihr hilfst, sich in der Schule zurechtzufinden.«
Oma setzte sich in Richtung der Küche in Bewegung, wo schon der perfekt gedeckte Kaffeetisch auf uns wartete. »Ich hoffe, du hast etwas Appetit mitgebracht« sagte sie und deutete auf die Kaffeetafel.
»Vielen Dank, Lady Stormrider, ich bin tatsächlich hungrig.«
Wir setzten uns und Oma schenkte Kaffee ein. Der Kuchen war so lecker, dass nur Krümel übrigblieben.
Oma zog sich zurück und überließ uns uns selbst. »Ich bin neugierig«, begann Alice »Was treibt dich in die unwiderstehlichen Arme unserer Schule?«
Ich erzählte von meiner großen Bewunderung, die ich schon von klein auf für Lady Jaina und ihre enormen Fähigkeiten gehegt hatte und meinem Wunsch, all diese Zauber eines Tages selbst zu beherrschen. Und davon, dass ich meine Bewerbung „einfach so“ ins Blaue geschickt hatte, aber mir nie hätte träumen lassen, dass ich aufgenommen werden würde.
»Das kommt mir bekannt vor.« Alice erzählte, dass es ihr ähnlich gegangen war. Sie war in Stormwind aufgewachsen, der Hauptstadt der Menschen. König Anduin Wrynn hatte dort seinen Sitz und dementsprechend oft kam es vor, dass andere Herrscher und deren Gefolge in der Stadt waren. Unter ihnen waren oftmals viele Magier. Insbesondere Lady Jaina Proudmoore stand dem König oft mit ihrem Rat zur Seite. Und die kleine Alice hatte keinen einzigen Tag versäumt, an dem die Lady zu offiziellen Anlässen in den Straßen von Stormwind zu sehen gewesen war.
»Es gibt bei euch nur so wenige meiner Art. Hast du eine Ahnung, warum das so ist?«
»So genau weiß ich das nicht. Man munkelt allerdings, es gäbe einen Drachen, der mit unseren Lehrern befreundet ist und sich öfter mal in Dalaran aufhält. Und dieser eine verfügt schon über die ein- oder andere Fähigkeit, die sonst kein Drache hat.«
Von Neugier erfüllt beugte ich mich näher zu ihr, denn von solchen Drachen hatte ich nie gehört.
»Genauer gesagt gibt es da Gerüchte in der Stadt, mein Lehrer Khadgar sei gut mit einem recht magiebewanderten Schwarzdrachen befreundet. Ich habe ihn aber nie in der Stadt gesehen. Ich weiß nicht, wer er ist«, zuckte Alice mit den Schultern.
»Nicht so wichtig«, tat ich dieses Rätsel mit einer Handbewegung ab und wir lachten beide.
Dieser Nachmittag in Alice´ Gesellschaft verging so rasend schnell, dass wir gar nicht merkten, dass es draußen schon dämmerte. Sie hatte einen herrlich schelmischen Humor und beschrieb mir die Schule, den Unterricht, die Mitschüler und die Lehrer die sie kannte in einer derart plastischen, bunten Art, dass ich sie genau vor mir sah.
Neben so bekannten Namen wie Khadgar oder Lady Proudmoore gab es im Lehrerkollegium ebenfalls eine kleine Gnomenprofessorin namens Kiranya Whitmoore, die Alice insbesondere in ihr Herz geschlossen hatte.
»Professor Whitmoore ist herzensgut und eine wahre Meisterin in allen Disziplinen.«, strahlte sie. »Aber Wehe dir, du verzapfst in ihrem Unterricht absichtlich irgendwelchen Unfug!«, warnte sie mich jetzt mit ernstem Gesicht »Der letzte, der das versucht hat, verbrachte einen ganzen Nachmittag im eisigen Wind oben auf der Turmspitze! Als wir ihn wieder herunterholen durften, war er nur noch ein Eisklotz! Es dauerte Tage, bis er wieder aufgetaut war.« Jetzt grinste sie.
»Upps« machte ich. »Ich werde daran denken. Heiliges Ehrenwort!«, versprach ich ihr mit einem übereifrigen Nicken und wir lachten wieder.
Als Alice den Heimweg antrat, war es später Abend und wir umarmten uns und versprachen uns ein baldiges Wiedersehen. Selten habe ich mich mit jemandem bei der allerersten Begegnung so gut verstanden, wie mit Alice.
Wir mochten uns auf Anhieb und es war von Beginn an, als hätten wir uns als alte Freundinnen nach einer langen Zeit wiedergesehen. Jetzt war ich über alles in Dalaran bestens informiert. Insbesondere zu Lady Proudmoore und Erzmagier Khadgar hatte ich Alice ausgequetscht wie eine Zitrone, denn ich wollte unbedingt alles über meine großen Vorbilder wissen.
Ich erfuhr, dass Lady Jaina eine absolut perfektionistische Lehrerin sei, die stets die besten Schüler hervorbrachte. Trotz ihrer extremen Professionalität sei sie dennoch nicht unnahbar, den Schülern gegenüber herzlich und jederzeit bereit zu helfen, wenn ein Schüler mit einer Aufgabe seine Schwierigkeiten hatte.
Und Khadgar hatte eine Weisheit und Voraussicht, die seinem eigentlichen Alter weit voraus war. Er hatte stets ein wohlwollendes Auge auf die Schule und seine Schüler und er brachte bei jeder Gelegenheit, die sich ihm bot, seine Kollegen und die Schüler mit seinem warmherzigen trockenen Humor zum Lachen. Ich war mittlerweile mehr als gespannt, all das selbst zu erleben.
Fortsetzung folgt …
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Stormrider - Part 6
When I had finished brewing the coffee, Grandma appeared in the doorway.
»Good morning, sweetheart,« she yawned, looking a bit wrinkled.
»Do you want coffee, Grandma?«
She nodded, sat down, and sipped her cup. »When will Alice be here?« she wanted to know.
»She’s going through the portal to Valdrakken around noon and will take the dragon here afterward.«
»Enough time for the dough. Will you help me with it?« She had kept her word and really intended to make only one cake. Together we mixed the dough, filled the pan, and shortly after, the cake was in the oven, filling the kitchen with a wonderful cake aroma. By noon, the kitchen was presentable again, the cake was ready, and we awaited our visitor.
It’s strange to wait for someone you don’t know. Would Alice and I get along well, or would our relationship remain purely at a student level?
I waited outside on the bench and slowly got nervous. Then Alice appeared like a sunbeam in the garden, and all my worries evaporated instantly.
Standing before me was a human girl with freckles and bright red hip-length dreadlocks, her green eyes sparkling with excitement. She wore forest-green robes and a matching cloak with a large hood embroidered with runes, and her smile was infectious. Her warm aura made her immediately likable.
»Hi Teyla? I’m Alice.« she said, and we shook hands.
»Hi Alice,« I replied, smiling. We strolled towards our house, and her movements were graceful and light. »Thanks for coming all the way here,« I said, feeling a bit intimidated since she seemed so confident, not like someone who had only been studying in Dalaran for a year.
»It’s not that hard,« she winked. »It’s better than sending hundreds of letters back and forth, right?«
I nodded.
Grandma had waited at the door and greeted our visitor with her brightest smile. »Hello Alice, welcome to our home. We rarely have guests here. I’m glad you’re visiting Teyla and helping her find her way around the school.«
Grandma moved towards the kitchen, where a perfectly set coffee table awaited us. »I hope you brought some appetite,« she said, pointing to the coffee table.
»Thank you, Lady Stormrider, I am indeed hungry.«
We sat down, and Grandma poured coffee. The cake was so delicious that only crumbs remained.
Grandma withdrew, leaving us to ourselves.
»I’m curious,« Alice began. »What drives you into the irresistible arms of our school?«
I told her about my great admiration for Lady Jaina and her enormous skills from a young age and my desire to one day master all those spells myself. And about how I had sent my application »just because« but never dreamed I would be accepted.
»That sounds familiar.« Alice told me it had been similar for her. She had grown up in Stormwind, the capital of the humans. King Anduin Wrynn resided there, and it was common for other rulers and their entourages to be in the city. Among them were often many mages. Especially Lady Jaina Proudmoore often advised the king. And little Alice had never missed a single day when the Lady was seen in the streets of Stormwind for official occasions.
»There are so few of my kind with you. Do you have any idea why that is?«
»I don’t know exactly. But there are rumors of a dragon who is friends with our teachers and sometimes stays in Dalaran. This one has some abilities that no other dragon has.«
Filled with curiosity, I leaned closer to her, as I had never heard of such dragons.
»Specifically, there are rumors in the city that my teacher Khadgar is good friends with a rather magic-savvy black dragon. But I’ve never seen him in the city. I don’t know who he is,« Alice shrugged.
»Not so important,« I dismissed this mystery with a wave of my hand, and we both laughed.
The afternoon in Alice’s company flew by so quickly that we didn’t even notice it was already dusk outside. She had a wonderfully mischievous sense of humor and described the school, the classes, the classmates, and the teachers she knew in such vivid, colorful detail that I could see them right in front of me.
Alongside well-known names like Khadgar or Lady Proudmoore, there was also a small gnome professor named Kiranya Whitmoore, whom Alice had particularly taken to heart.
»Professor Whitmoore is kind-hearted and a true master in all disciplines,« she beamed. »But woe to you if you deliberately mess around in her class!« she warned me with a serious face. »The last one who tried that spent an entire afternoon in the icy wind at the top of the tower! When we were allowed to bring him down, he was just an ice block! It took days for him to thaw out.« She grinned.
»Oops,« I said. »I’ll remember that. A solemn promise!« I assured her with an eager nod, and we laughed again.
When Alice set out for home, it was late evening, and we hugged and promised to see each other soon. Rarely had I gotten along so well with someone on the very first encounter as I did with Alice.
We liked each other instantly, and from the start, it felt like we were old friends reunited after a long time. Now I was well-informed about everything in Dalaran. I had particularly grilled Alice about Lady Proudmoore and Archmage Khadgar because I wanted to know everything about my great idols.
I learned that Lady Jaina was an absolutely perfectionistic teacher who always produced the best students. Despite her extreme professionalism, she was not unapproachable, warm to the students, and always ready to help if a student had trouble with a task.
And Khadgar had a wisdom and foresight far beyond his actual age. He always had a benevolent eye on the school and its students, and he would make his colleagues and students laugh with his warm, dry humor at every opportunity. I was now more than excited to experience all of this myself.
To be continued …
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